Gezwitscher

Erst war der Kormoran der Vogel des Jahres. Dann ließ Franzen den Pappelwaldsänger los.

Wir wissen, wie gerne Jonathan Franzen früh mit dem Feldstecher losgeht und nach Vögeln späht. Was er da sieht, hat er in den Romanbrocken eingebaut, der 2010 das weltweite Gesprächsthema war: Der Pappelwaldsänger (o.), ein extrem unbekannter Singvogel, spielt im zweiten Teil von „Freiheit“ eine zentrale Rolle. Da versucht ein ebenso weltfremder wie ökobewusster Familienvater einen riskanten Deal mit der fiesen Kohleindustrie, um dem Tier ein Reservatsgebiet zu sichern. Wie man sich freiwillig in die Gefangenschaft von Kapitalismus und Konvention begibt, um für Freiheit zu kämpfen – das hätte Franzen kaum schöner illustrieren können als mit dem herzensguten Piepmatz.

Bei der Diskussion um Helene Hegemann, die Echtheit und Rechtmäßigkeit ihres lesenswerten Romans „Axolotl Roadkill“ wurde fast vergessen, dass auch die kleine Berlinerin es schaffte, ein obskures Tier zu promoten: Der titelgebende Schwanzlurch (o.) – wie die Hauptfigur im ewigen Larvenstadium gefangen – wurde oft abgebildet, weil es von der Autorin bald keine unbenutzten Fotos mehr gab. Und er bekam viel von dem Mitleid ab, das eigentlich der armen Hegemann galt. Und dann war der noch der ebenso possierliche Hühnerdieb aus dem grandiosen Stop-Motion-Film „Der fantastische Mr. Fox“ von Wes Anderson. Schön in 2D und mit echten Puppen gedreht, ansonsten eine Geschichte von extrem jetztzeitiger Cleverness. Bryan Ferry ist trotzdem für die Fuchsjagd. jh

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