Gimme Moor!

Die "Moorhuhn -Reihe ist die Verneinung des modernen Computerspiels. Dennoch steht sie exemplarisch für das vergangene Jahrzehnt.

In diesen Tagen wird gern nach prägenden Werken der letzten zehn Jahre gefragt. Da kann man natürlich die üblichen Verdächtigen aufzählen wie „Grand Theft Auto“, „Total War“, „Call Of Duty“ und, wenn es denn sein muss, die „Sims“. Doch an kaum einer Game-Reihe lässt sich die Entwicklung der Nullerjahre so exemplarisch verfolgen wie an „Moorhuhn“. Was Ende 1999 als banale Huhn-Abschuss-Orgie (und als Auftragswerk für die Whiskey-Marke Johnnie Walker) startete, hat inzwischen ein halbes Dutzend Spiel-Genres durchlaufen. Freilich setzte das Moorhuhn dabei nie Maßstäbe, sondern stolperte allen Entwicklungen und Trends konsequent hinterher. Das Ur-Moorhuhn konnte man im weitesten Sinn noch Shooter nennen, 2002 folgte eine Autorennen-Variante („Kart“), ein Jahr später das Adventure („Der Schatz des Pharao“). Über ein Jump’n’Run („Schatzjäger“, 2005) arbeitete sich das Moorhuhn gar bis zu einer Art Flugsimulator („Im Anflug“, 2005) vor.

Das Phänomen Moorhuhn lässt sich eigentlich nur als Antithese zum Computerspiel begreifen. Denn die Idee, innerhalb von 90 Sekunden dämlich guckende Viecher abzuschießen, wirkte in einer Zeit mit immer mehr Megabytes verschlingender Software geradezu anarchisch. Das Moorhuhn ist für das Computerspiel das, was Donald Duck für den Comic und Al Bundy fürs Fernsehen ist: eine zum ewigen Scheitern verdammte Figur, die gerade wegen ihrer Unzulänglichkeiten unsere Sympathie besitzt. Möge das Moorhuhn für immer auf den Bildschirmen unserer Welt abgeschossen werden. In zehn Jahren werden die nächsten Glückwünsche geschrieben. Der Tag geht, das Moorhuhn kommt.

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