Glanz der Meister

Here We Go Magic machen jetzt Popmusik ohne Geheimnisse

So ganz mag Luke Temple seinem Erinnerungsvermögen nicht mehr trauen: „Nigel hatte einen Cowboyhut auf, Thom einen Zylinder. Oder sie trugen gar keine Hüte.“ In der sengenden Mittagshitze hatten sich übernächtigte Here We Go Magic auf dem Glastonbury Festival 2010 an einem phlegmatischen Publikum zerrieben. Wären da nicht diese beiden tänzelnde Gestalten in der ersten Reihe gewesen, Temple hätte den Gig als Desaster verbucht. Doch es handelte sich bei den potenziellen Hutträgern um Thom Yorke und Nigel Godrich. Der Stamm-Produzent von Radiohead beließ es danach nicht bei Backstage-Schmeicheleien, sondern umwarb die Band aus Brooklyn, ihr drittes Album in seinem Studio in London aufzunehmen.

Im Gespräch ist Temple anzumerken, dass ihn Fragen zu Radiohead nerven, obwohl er wissen dürfte, dass seine Band nach den Spielregeln der Aufmerksamkeitsökonomie vom Glanz der Meister profitiert. „Die Leute hören genauer hin, wenn es um Radiohead geht. Wir hätten dieses Album aber auch ohne Nigel machen können“, sagt Temple – es klingt trotzig. Mit „A Different Ship“ vollzieht Temple eine musikalische Kurskorrektur. Man solle sich beim Hören des neuen Albums inmitten einer retrofuturistischen Rauminstallation wähnen. Fragt man Temple nach der Schiffsmetapher im Titel, verweist er auf Stanley Kubricks Filmklassiker „Space Odyssey“. Eine Assoziation, die nicht von ungefähr kommt, haben Here We Go Magic ihren einstigen Ideenreichtum doch für eine unterkühlt simplifizierte Soundästhetik geopfert. So sei es Godrichs wichtigste Aufgabe gewesen, diese Streichorgie innerhalb der Band so zu moderieren, dass sich keines der Mitglieder benachteiligt fühlte. Diese streng rationalisierte Arbeitsweise war einem größeren Ziel untergeordnet: „Ich wollte Popmusik machen, die nichts beantwortet, nichts fordert, die kein Geheimnis hat. Die nur ist, was sie ist.“ Thom Yorke zieht davor mit Sicherheit den Hut.

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