Harvey & Parish – Bristol, Fleece And Firkin

John Parish und Polly Jean Harvey sind Jugendfreunde. Er spielt in ihrer Band Gitarre, er hat ihre letzte Platte produziert, er hat ihr elf Lieder geschrieben. „Dance Hall At Louse Point“, das CD-gewordene Ergebnis dieser Ehrerweisung, ist, wie die Plattenfirma nie müde ward zu betonen, keine reguläre PJ Harvey-Platte. Drei Konzertabende in einem rustikalen Trinkerschuppen in Bristol sollten dem Motto gemäß auch keine regulären PJ Harvey-Auftritte werden.

„Welcome at Louse Point“ verkündete ein liebenswert provisorisches Transparent hinter der Bühne, mehr Anhaltspunkte zum Programm gab es nicht. Vorband dEUS, sonst bisweilen ungestüme Belgier und vor allem in England von Stagedivern verwöhnt, paßten sich dem unberechenbaren Überraschungscharakter des Abends instinktiv an und gaben sich 45 Minuten eher besinnlich. Das allerdings mit Bravour.

War das, was daraufhin folgte, nun ein Polly-Jean-Harvey-Konzert oder nicht? Ja und nein. Die Äußerlichkeiten sprachen dagegen: Andere Musiker spielten andere Lieder für eine Sängerin, die sich gern an den rechten Bühnenrand zurückzog. Im räumlichen Mittelpunkt durfte John Parish musizieren, und seine Gitarre war tatsächlich das Gerüst des Abends. Den inneren Zusammenhalt, die Magie der Musik, die live überzeugender war als auf CD, beschwor aber die Frau am Rande. Das Spindelwesen im Wonderbra-Kleid, schwarze Augenhöhlen, roter Mund, blasser dürrer Körper. Mit einer Stimme, die alles ist: Wahnsinn und Wehmut, Sex und Sehnsucht und Provokation.

Vielleicht waren es die fremden Lieder, die ihr eine größere Freiheit gaben. „Is That All There Is“, der Peggy-Lee-Klassiker, geriet zum bewegendsten Moment eines Abends, der mehr als ein Freundschaftsspiel war.

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