Hinter SPARKLEHORSE verbirgt sich Mark Linkous, Meister surrealistischer Balladen

Mit Sehnsucht im Blick blättert Mark Linkous im Katalog des Motorradhändlers. Da ist sie, die neue, silberne Moto Guzzi! Ein Bike dieser Italo-Traditionsmarke, schwärmt Linkous, lasse sich fahren „wie ein Panzer“. Irgendwie fallt es schwer, sich ihn als Kapitän der Landstraße vorzustellen – diesen scheuen, von einer Herzattacke vor zwei Jahren immer noch angeschlagenen Mann. Wenn Linkous seine Fingerknochen knacken läßt -ertut’softund vernehmlich -, dringt die Stimme kaum durch.

Hauptsache, die rätselhaft schillernden Songs des Leisetreters werden gehört. Alle lieben Linkous – Radiohead, PJ Harvey, Tom Waits. Der soll das Sparklehorse-Debüt „Vivadixiesubmarinetransmissionplot“ abgedudelt haben, bis seine Kids es konfiszierten. Ob entnervt oder begeistert, ist leider nicht überliefert Für ein Gastspiel auf „Good Morning, Spider“ kam Waits zu spät. Bei der nächsten LP aber soll es nun klappen. Denn schließlich mußte sich Linkous erst mit Whiskey genügend Mut antrinken, um Waits zurückrufen zu können. Der hatte ihm die frohe Botschaft nämlich höchstpersönlich aufs Band gesprochen.

Waits-Platten wie „Swordfishtrombones“ und die „kruden“ Täpes des Texaners Daniel Johnston hatten Linkous zurückgeholt zur Musik, die er gelangweilt bereits in die Abstellkammer verbannt hatte. Linkous – in jungen Jahren von Bluegrass und Johnny Cash, Alice Cooper und Led Zeppelin fasziniert – war Punk in New York, hoffte dann blauäugig auf Rockstar-Ruhm in L. A. Doch erst seine Rückkehr nach Virginia brachte die Wende. Dort war er aufgewachsen, in der rauhen, mystischen Bergwelt des Südwestens, wo Sissy Spacek die „Coal Miner’s Daughter“ spielte. „Dieser Nebel immerzu. Als ich früher dort lebte, wollte ich nur weg -jetzt aber versuche ich soviel wie möglich davon in mir aufzunehmen. Es ist einfach so anders dort.“

Zurück in sweet Virginia spielte Linkous zu Beginn nur irische Folksongs, weil „mir bewußt wurde, daß die Musik entweder ewig in der Luft liegt oder einfach stirbt. – Und daß nur das zählt. Da habe ich angefangen, gute Musik zu machen.“ Bald erschien Nachbar David Lowery und ließ die Bandmaschine mitlaufen. Demo-Tapes machten die Runde. Und als sein Manager A&R-Mann wurde, konnte Linkous die odd Jobs als Schornsteinfeger, Anstreicher und Kohlelieferant endlich abhaken.

Zur Cracker-Connection geht Linkous inzwischen auf Distanz. Das gemeinsam mit Lowery geschriebene „Sick Of Goodbyes“, in der Urversion schon steinalt, sei nun „nicht mehr repräsentativ“ für Sparklehorse. Tatsächlich sind seine atmosphärischen, an Country und Folk geschulten Balladen oft surrealistisch und gespenstisch roots it ain’t. Mit wechselnden Mitspielern realisiert er diese komplexen Gebilde, was im Konzert freilich weniger gut funktioniert,

„Was muß man tun, um seine Integrität zu bewahren – was, um seinen Job zu behalten?“, fragt er. Eine andere, wesentlichere Frage wurde bereits beantwortet, als er im Krankenhaus lag und seine Frau „das ganze Haus mit der Post an mich dekorierte. Wunderbare Briefe von all den Leuten, die zutiefst vom ersten Album berührt waren. Das rief mir wieder ins Bewußtsein, warum ich hier bin. Und beflügelte mich obendrein, schnell auf die Beine zu kommen, um weiter Platten machen zu können.“

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