Hirnsäge – Einsturzende Neubauten

Aussagen, dass es ohne die Band XY niemals das Genre Z gegeben hätte und dass die Geschichte der Popmusik anders verlaufen wäre, sind bisweilen schwer nachzuweisen. Im Falle der 1980 in Berlin gegründeten Einstürzenden Neubauten darf man sich jedoch recht weit aus dem Fenster lehnen: Wenn der Punk das selbstverliebte Musikantentum der siebziger Jahre infrage stellte, dann stellten die Neubauten auch noch die Restmusikalität des Punk infrage. Wenig, was im weitesten Sinne unter dem Label „Populärmusik“ lief oder läuft, klingt so radikal wie die perkussiven, extrem reduzierten und dank Flex, Vorschlaghammer und Waschmaschinentrommel auch noch einzigartig instrumentierten Attacken der frühen Neubauten. Industrielle Werkstücke, die sich beim Punk und der klassischen Avantgarde bedienten, die mit Industrial ein ganzes Genre begründeten und deren Reduziertheit und Klangfarben schließlich in ein massenkompatibles Pop-Format wie Techno einflössen. Zum Zeitpunkt des Erscheinens klang ein Stück wie „Hirnsäge“ vom Album „Kollaps“ anders als alles bisher Dagewesene, markierte den totalen Bruch mit allen Poptraditionen. Die Verteter der Neuen Deutschen Welle waren hierzulande damals omnipräsent – und manche von ihnen bereits auf dem besten Wege ins Schlagerhafte. Ist „Hirnsäge“ also nur Rebellion? Nennen wir es lieber Revolution.

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