Hit-Unterricht

Zu dritt wagten sich Hoobastank in zwei Anläufen an den Nachfolger ihres erfolgreichen "The Reason"

Letztes Jahr im Oktober, als Hoobastank just ihr neues Album, „Every Man For Themthelves“ fertig hatten, kam das Management auf eine schlimme Idee: Doug Rob, Dan Estrin und Chris Hesse sollten sich doch mal mit Desmond Child treffen, dem Komponisten von „I Was Made For Loving You“ und vielen anderen solchen Liedern – Child ist ein Mann fürs Grobe und darauf spezialisiert, breitenwirksame Künstler noch breitenwirksamer zu machen. Da sollte also auf Biegen und Brechen ein Nachfolger für das Hitalbum „The Reason“ her, und Hoobastank rochen den Braten natürlich sofort. „Wir halten es für richtig, dass wir unsere Songs selber schreiben“, erklärt Robb immer noch entrüstet, „das macht man als Band doch so, oder?“

Das nichtsdestotrotz bewilligte Treffen nahm dann eine unerwartete Wende: Anstatt zu singen, wurde viel geredet über Gott und die Welt und das Wesen der Kreativität. In Robbs Erinnerung wird Child zu einer Art Künstlerpsychologen, der lauter wahre Dinge in das Leben des kalifornischen Rockstars sprach und damit einen Schalter umlegte. Jedenfalls schrieben Hoobastank gleich darauf (ohne Child) einen ganzen Sack voll neuer Lieder, die das schon fertige Material ablösten. „Er sagte mir, dass es Zeit sei, Verantwortung für mich und meine Musik zu übernehmen und etwas zu schaffen, mit dem ich 100% leben kann. Boom – das hat mich voll erwischt.“

Und so geht es auf dem dritten Werk von Hoobastank (dem ersten ohne Bassist Markku Lappalainen, der sich zurückgezogen und einen Friseursalon gekauft hat) grundsätzlich um die Erweckung der willenlosen, vom Konsum betäubten Monade zu einem Individuum mit eigenen Überzeugungen. Die Musik zur Kulturkritik ist leider wieder sehr langweilig, auch wenn Hoobastank sich nicht unbedingt wiederholen, sondern recht unterschiedliche Varianten ihres College-Rock versuchen – vom etwas theaterhaften ersten Akt über eine Art Metal-Nostalgie im Mittelteil bis hin zum siebeneinhalb Minuten langen Finale mit Flöte und Akkordeon. „Ich habe schon länger das Gefühl, etwas sagen zu wollen — darüber, wie wir leben, was wir glauben und wie wenig fundiert das alles ist. Dabei sind wir doch alle in der Lage, unsere eigenen Gedanken zu denken. Ich kann diese Gedanken jetzt endlich formulieren, auch wenn mir womöglich niemand zuhören wird.“

Das starke Drängen, nicht mehr fremdbestimmt zu leben, geht Doug Robb übrigens im Moment ganz generell nach. Die letzten Jahre waren angefüllt mit Rockstar-Erlebnissen, Rockstar-Alltäglichkeiten und Rockstar-Anstrengungen —jetzt, wo wieder eineinhalb Jahre Welttourneen und viel unstetes Leben im Kalender stehen, weiß Robb nicht so recht, wie er das eigentlich finden soll. „Ich fühle mich nicht bereit dazu, nein. Ich habe zum ersten Mal den Eindruck, womöglich nicht die Kraft dazu zu haben. Das ist so wie ein riesiger Aktenberg, der sich morgens im Büro vor dir auftürmt – du hast keine Ahnung, wie du ihn bewältigen sollst.“

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