In North Carolina produziert das Label Yep Rock stilbildende Roots-Pop-Platten von den fabelhaften Sadies, Minus 5 und Ken Stringfellow – bald auch von Paul Weller?

Als „geduldig, aber dennoch aggressiv“ beschreibt Yep-Roc-Chef Glenn Dicker das Credo seines Labels. Dass die kleine, in der Abgeschiedenheit North Carolinas angesiedelte Firma auch in Zeiten expandiert, in denen viele andere Companys ihre Pforten wegen der schlechten ökonomischen Situation schließen müssen, basiert auf einem einfachen Erfolgsrezept: Ein eigener Vertrieb namens Red Eye hat von Anfang an die Label-Arbeit mitfinanziert.

So reichten die Erfahrung, die Dicker schon in den 80ern als Mitarbeiter des Rounder-Labels sammeln konnte, und eine Portion Enthusiasmus für den erfolgreichen Start vor sieben Jahren ein fettes Bankkonto war nicht nötig. „Aus dem Gewinn des Vertriebs konnten wir ein wenig Geld in eigene Veröffentlichungen investieren und es schneller wieder einspielen, als das bei einem neuen Label ohne hauseigenen Vertriebsarm der Fall gewesen wäre“, erklärt Dicker. „Da Red Eye anfangs nur die Läden in der Region belieferte, konzentrierten wir uns auch zunächst auf Künstler aus dem Umland.“

Schon bald jedoch wuchs der Vertrieb zu einem landesweit aktiven Unternehmen an, und renommierte Künstler kamen an Bord: Die frühere Whiskeytown-Mitstreiterin Caidin Cary zum Beispiel, die britische Pubrock-Legende Nick Löwe oder die Psychobilly-Größe Reverend Horton Heat. Angesichts dieser lifetime artists als Aushängeschilder sind die Macher nicht böse, wenn man Yep Roc auf den ersten Blick als Roots-Label wahrnimmt Dennoch nehmen Dicker und Co. es auch als Ansporn, die „zweite Garde“ mit so unterschiedlichen Musikern wie The Standard, Ian Moore oder The Bigger Lovers noch weiter zu pushen.

Yep Rocs bislang größter kommerzieller Erfolg „Down With Wilco“ von Minus 5 – wurde in Europa noch an ein anderes Label lizensiett, ebenso wie das wunderbare „Soft Conmumds“ von Ken Stringfellow. Dennoch ist es inzwischen eines der Hauptanliegen Glenn Dickers, die Marke Yep Roc auch in unseren Breiten zu etablieren. Mit dem songorientierten Sphären-Pop von Dolorean, den bodenständigen Klängen von Ex-dB Chris Stamey oder den Folkmeets-Blues-Songperlen eines Dave Alvin, ganz zu schweigen vom perfekten Americana-Pop der Sadies, ist er dabei auf einem guten Weg. „Favourite Colours“ von eben jenen Sadies ist übrigens die erste Yep Roc-Veröffentlichung, die in Europa ähnlich viele Exemplare verkaufte wie in den Staaten.

Dabei konzentrieren sich die Labelmacher bei ihren Übersee-Aktivitäten primär auf jene Bands, die in der Lage sind, relativ kostengünstig in Europa zu touren, auch wenn das leider bedeutet, dass großartige Platten wie das letzte Werk der Butchies, der Band von Kaia Wilson (die früher bei den Riot-Grrrls Team Dresch spielte), nicht die Beachtung bekamen, die sie verdient gehabt hätten. Bei aller Liebe zum Realismus darf Dicker auch manchmal träumen. „Wir haben vor zwei Jahren eine Platte von Paul Weller für die USA lizenziert Diese Zusammenarbeit fortzusetzen, wäre das Größte für uns, zumal beide Seiten es sehr genossen haben.“ Unlängst heuerte sogar Ex-Hüsker-Dü-Ikone Bob Mould bei Yep Roc an, der nach seinen letzten Elektronik-Experimenten offenbar wieder an seinen musikalischen Wurzeln gräbt. Die Tatsache, dass hier auf einem erstaunlich hohen Niveau ein Plattenlabel „von Fans für Fans“ betrieben wird, scheint sich also langsam herumzusprechen.

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