„Ja, ich fühle mich wie 16“

ELLA YELICH-O’CONNOR, DIE 16jährige Pop-Hoffnung, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Lorde, hat einen Hit geschrieben, in dem sie sich über Hits lustig macht: In „Royals“ – Kernstück ihres Debütalbums „Pure Heroine“ – spottet sie über Rapper und darüber, wie besessen diese von Autos und Juwelen sind; diesen Monat ließ der neuseeländische Teenager Katy Perry und Miley Cyrus hinter sich und setzte sich an die Spitze der Billboard-Hot-100-Charts. „Das war nun wirklich nicht explizit gesellschaftskritisch gemeint“, sagt Lorde (das „e“ am Ende wird nicht mitgesprochen), als sie sich während einer Unterbrechung ihrer ersten USA-Tour Zeit für ein Telefoninterview mit uns nimmt. „Eigentlich hielt ich das, was ich schrieb, sogar für ein bisschen albern. Ich bin eben eher so der trockene und sarkastische Typ.“

Diese Frage klingt jetzt wahrscheinlich seltsam – denn wer fühlt sich schon so alt, wie er tatsächlich ist. Fühlst du dich wie 16?

Das ist eine Frage, die mir in jedem Interview gestellt wird. Und auch jedes Mal mit so einem Einleitungssatz, wie Sie ihn gerade gebraucht haben.

Okay, stellen wir uns einfach vor, ich hätte das nie gefragt.

Hm, ich weiß ja nicht, ob ich Sie nicht lieber noch ein wenig zappeln lassen würde.

Na gut, also lass mich bitte entweder nicht mehr zappeln oder beantworte einfach die Frage.

Ja, ich fühle mich wie 16. Wie sonst sollte ich mich auch fühlen? Als sei ich noch in der Gebärmutter?

Jemand fragte dich mal auf Twitter: „Auf einer Skala von 1 bis 10, wie sehr bist du davon gelangweilt, den Ausdruck ‚only 16‘ zu hören?“ Du hast die Frage zwar als Retweet weitergeleitet, aber nicht beantwortet. Also, wie sehr langweilt es dich?

(lacht) Ok, ich würde sagen, mindestens eine 7. Die Leute sind einfach so scheiß-überheblich und sprechen mit einem, als wäre man noch ein Kind und könnte keine eigenen Entscheidungen treffen.

Was für Musik hast du gehört, als du „Royals“ geschrieben hast?

Da hab ich viel HipHop gehört. Was mir dabei immer wieder auffiel, war, dass das, wovon die Songs handeln, so gar nichts mit mir oder meinen Freunden zu tun hat. Wir waren auf echt zwielichtigen Partys und mussten nach diesen abgedrehten Nächten nach Hause gehen. Und dabei haben wir uns gefragt: Warum spricht eigentlich niemand darüber?

In deinem neuen Song, „Team“, singst du: „Irgendwie bin ich echt aus dem Alter raus, in dem ich meine Hände in die Luft werfe.“ Hasst du HipHop inzwischen?

Ein Teil von mir ärgert sich über die extravagante Kultur des Hip-Hop, aber gleichzeitig ist es ja auch ein großer Spaß. Ich finde es zum Beispiel immer lustig, die Tweets von Kanye West zu lesen, der seine Follower manchmal Sachen fragt wie: „Weiß zufällig jemand, wo ich einen Perserteppich mit Putten drauf herbekomme?“ Als ob ihm das irgendeiner von denen sagen könnte!

Deine Tweets lesen sich aber auch immer sehr lustig. Vor ein paar Tagen hast du geschrieben: „Oh nein, Akne, tu mir das jetzt nicht an.“ Was war da los?

Na ja, da hatte die Akne mich eben einmal wieder voll erwischt. Ich meine, ich war gerade auf dem Weg nach New York, um diese Fotoshootings zu machen und ich ich war eben nicht dafür bereit.

Du bist ja eigentlich noch in der Highschool. Wollen deine Eltern, dass du wieder zum Unterricht gehst?

Das wollen die sogar unbedingt. Das ist ihnen sehr wichtig. Aber seit ich das mit der Musik als Vollzeitjob mache, kann ich das erste Mal seit langer Zeit wieder gut schlafen, weil mein Gehirn richtig abschaltet. Das kommt daher, dass ich nachts echt müde bin. Das war ich sonst nie. Seitdem du deinen großen Hit hattest, wollen viele namhafte Produzenten mit dir zusammenarbeiten. Reizt dich das?

Das Coolste an meinem Hit ist für mich, dass Leute, deren Wikipedia-Seite ich mehr oder weniger auswendig kenne, plötzlich mit mir frühstücken wollen.

Wer zum Beispiel?

Hm, ich weiß nicht, ob ich das sagen darf, vielleicht wollen die das ja nicht. Leute regen sich überhaupt gerade sehr viel über mich auf. Ich quassle gerade ziemlich viel Zeug.

Zum Beispiel, als du dem ROLLING STONE sagtest, dass „Come And Get It“ von Selena Gomez ein anti-feministischer Song sei und ihre Fans dann gemeine Kommentare über dich posteten?

Ja, das war eine Situation, in der ich mich zu schlecht unter Kontrolle hatte. Ich bedauere zwar nicht, was ich gesagt habe, aber es hätte mir klar sein müssen, dass der Zorn einer großen Fangemeinde kein Spaziergang im Park ist.

Du hast bestimmt den Clip gesehen, in dem Selena „Royals“ live performt. Wie fandest du das?

(überlegt) Ich fand das sehr cool. Ich mochte die Windmaschine. Und sie machte da interessante Sachen mit den Akkorden. Vor ein paar Wochen warst du in der BBC-Sendung „Later with Jools Holland“ in London und Kanye West war auch in der Show. Hast du ihn da getroffen?

Ja, wir haben uns unterhalten. Mein Keyboarder und mein Schlagzeuger sind zu Kanyes Tontechniker rübergegangen. Als Kanye ansetzte, zu mir rüberzukommen, gingen sie wieder rückwärts und schütteln ihm die Hand, mit weit aufgerissenen Augen und einem lächerlichen Ausdruck in ihren Gesichtern. Er sagte, ihm würden die Botschaften (in meinen Songs) gefallen, was ich cool fand. Und ich sagte dann zu mir: „Ganz cool bleiben. Das ist normal.“

Was war dein erster Eindruck von ihm?

Das ist ein echt geschmeidiger Typ – sehr relaxed. Er hat doch diese ganzen Diamanten auf seinen Zähnen, die hätte ich gern mal angefasst, aber ich hab mich dann doch zurückgehalten.

Vielleicht hätte er es ja gar nicht schlimm gefunden.

(lacht) Nein, nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand es okay findet, wenn ihm ein Fremder einen Finger in den Mund steckt.

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