Joe Jackson/Todd Rundgren – Hamburg, Musikhalle

Joe Jackson und Todd Rundgren zelebrieren die hohe Kunst des Songs

Eine tolle Idee: Todd Rundgren und Joe Jackson auf einer gemeinsamen Tournee, allein mit ihren Liedern. Eigentlich hätte es ja nur ein einziges Konzert werden sollen, letztes Jahr im New Yorker Central Park, doch dann erschien das Konzept gut genug für eine Reise. Man sollte dankbar sein für solche Konzepte! Und dann auch zahlreicher erscheinen als die Hamburger in der Musikhalle, die kaum zu einem Drittel gefüllt war.

Das schönste Lied des Abends singt Jackson gleich zu Beginn, „Home Town“

von dem 1986 erschienenen Album „Big World“. Das ist eine ganz persönliche Empfindung, die sich kaum festmachen läßt, aber dennoch: Wie Jackson da im lila Frack übers Piano gebeugt sein bittersüßes Lied von der fahrlässig verlorenen Unschuld singt, das hat etwas tief Anrührendes. Mag sein, daß Jackson, inzwischen 50 Jahre alt, wirklich über solche Dinge nachdenkt und mit der reformierten Band beziehungsweise den Best-of-Tournecn ein paar Kreise schließen will. Die alten Lieder („It’s Different For Girls“, „Stepping Out“, „Is She Really Going Out With Him“) passen jedenfalls gut zu den neuen („Love At First Light“, „Awkward Age“), die solo am Klavier vor allem ihren harmonischen Gehalt entfalten.

Rundgren macht es einem dann zunächst schwerer, weil seine Gitarre in Hall und schlechten Effekten ersäuft; auch das unwirsche Pathos hilft nicht. „1 Saw The Light“, „Hello It’s Me“ und „It Wouldn’t Have Made Any Difference“ sind ja eigentlich ganz filigrane (und zeitlose!) Lieder, aber Rundgren seziert und dröhnt und will nicht allzu viel wissen von den alten Sentimenten.

Doch der Eigensinn hat ein Ziel: „Come away with me“, flüstert Rundgren immerzu, und lockt mit dem Zeigefinger wie der Rattenfänger die Kinder; irgendwann ist man drin im Berg und sogar ein bißchen entzückt. Rundgren gelingt das Kunststück, seine komplexe Musikerpersönlichkeit in ein 40-Minuten-Set zu zwängen – von besagten ersten Liedern über den Kunst- und Unsinn der mittleren Jahre („Bang That Drum Daily“ mit Hawaii-Ukulele) bis zu den teilweise arg verstörenden Elektro-Selbstversuchen des aktuellen Albums „Liars“ .

Von eben dem stammt „Stood Up“, das schönste Lied des letzten Sets, das Rundgren und Jackson gemeinsam mit dem Avantgarde-Streichquartett Ethel bestreiten, das auch schon im Vorprogramm zu bewundern war und bereits auf Joe Jacksons 2000er Album „Night And Day II“ bei der Umsetzung der ausgefeilten Arrangements half. Zum Schluß dann Classic Rock: „While My Guitar Gently Weeps“: Die Geigen brennen, der Wirrkopf Rundgren gniedelt, und Jacksons freudig erregter Blick macht klar, worum’s heute Abend zu allererst ging: ums gute Lied

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