John Carpenter: alle Filme im Ranking, von Flop bis Top

20 Spielfilme hat John Carpenter bislang gedreht. Wir bringen seine Werke in die richtige Reihenfolge.

John Carpenter: alle Filme im Ranking, von Flop bis Top

20. „Ghosts Of Mars“ (2001)

Leider kein Fall von „so schlecht, dass es schon wieder gut ist“, sondern nur ein Fall von „so schlecht, dass man ihn kein zweites Mal sehen will“. Marskolonisten haben sich mit einem Virus angesteckt, sehen nun aus wie Captain Howdy und massakrieren Polizisten, die nicht mehr wissen, wohin.

Die Besetzungsliste liest sich kurios. Sie versammelt has-beens wie „Species“-Starlet Natasha Henstridge, die, ungewöhnlich für Carpenters Blick auf Frauen, als Bomb Shell statt Persönlichkeit gecastet wurde; „Blade Runner“-Replikantin Joanna Cassidy, die wenig später in „Six Feet Under“ auftrumpfen würde, hier aber wohl aus retroseliger Erinnerung angestellt wurde; sowie Pam „Foxy Brown“ Grier, die, nur vier Jahre nach ihrer Gala in „Jackie Brown“, schon gegen die Vergessenheit ankämpfen musste.

Außerdem Jason Statham in einer frühen Action-Rolle sowie Ice Cube als Knastbruder Desolation Williams. Der Mars sieht aus wie ein rot eingefärbtes Bad Segeberg, die Kloppereien zwischen den Crazies und den Cops wie bei Bud Spencer.

Carpenters letzter Film für die nächsten neun Jahre.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

John Carpenter: alle Filme im Ranking, von Flop bis Top

19. „Memoirs Of an Invisible Man“ („Jagd auf einen Unsichtbaren“, 1992)

Kritiker fragten sich, warum ausgerechnet Carpenter eine Komödie drehen musste. Das ist aber nicht der Punkt. „Big Trouble In Little China“ zum Beispiel, eine Action-Komödie, war ziemlich lustig. Der Misserfolg hängt vor allem mit Chevy Chase zusammen, der in den frühen 1990er-Jahren schon abgemeldet war, aber hiermit und mit diesem Regisseur – auf sanfte Weise – ein ganz kleines bisschen ernster genommen werden wollte.

Chase’ Sicht auf die Dinge: Ein existenzialistisches Drama! Ab wann höre ich, der Unsichtbare, auf zu existieren? In welchem Zustand nehmen mich die anderen nicht mehr wahr?

Regisseur Ivan Reitman sprang ab, er war zu humoristisch. Nach ihm Autor William Goldman („Ich bin zu alt und zu reich für die Scheiße“), schließlich Richard Donner als Filmemacher, dem man zumindest den Umgang mit Spezialeffekten zutraute. Blieb Carpenter, der zwar keinen Ruf zu verlieren hatte, aber mit dem Indie-Spuk „They Live“ zumindest bewiesen hatte, dass er noch immer Gespür für Horror hatte. Hollywood rief ihn nun ein zweites Mal, und er kam zurück. Großer Fehler.

Chase und Hauptdarstellerin Daryl Hannah waren danach verbrannt – und Carpenter wandte sich wieder, zum dritten Mal dann und final, dem Horror zu.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

John Carpenter: alle Filme im Ranking, von Flop bis Top

18. „Escape from L.A.“ („Flucht aus L.A.“, 1996)

Carpenter verstand, dass sich eine geniale, originäre Idee nicht toppen lässt – und versuchte gar nicht erst, das zweite Abenteuer seines Helden Snake Plissken neu zu gestalten. Er machte aus der „Flucht aus New York“ von 1981 eine „Flucht aus L.A.“ 1996. Ein Reboot. Der Film scheiterte spektakulär, die meisten Kritiker wussten nicht, ob das Ergebnis eine Satire sein sollte oder ernst gemeint.

„You gotta be kidding me!“, ruft Steve Buscemi, dabei ist unklar, ob er Snakes Surfboard-Ritt auf einer Digi-Sturmwelle meint – oder die schlechten Spezialeffekte. Schon aus damaliger Sicht schlechter als Playstation 2. Und aus dem lakonischen Sträfling Snake wurde, Indy und James Bond machten es vor, eine Comic-Figur.

Kurioserweise hält John Carpenter „L.A“ für das überlegenere Plissken-Werk und glaubt daran, dass es, wie sein „Ding“ von 1982, eine Neuentdeckung erfahren wird. Eine interessante Prognose. Auf jeden Fall ist „L. A.“  noch ambitionierter (oder einfach dicker aufgetragen) als das Original: Der Polizeistaat USA findet seine Vollendung, nun werden nicht mehr nur Knackis, sondern auch Freidenker und Atheisten lebenslang verdammt.

Am Ende zerstört Snake Plissken sämtliche Elektrizität auf Erden.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

John Carpenter: alle Filme im Ranking, von Flop bis Top

17. „The Ward“ (2010)

Das Comeback nach neun Jahren Kino-Pause ist handwerklich sauber, geradezu schick fotografiert, sieht aber nicht aus wie ein Carpenter-Film. Für einen der größten Stilisten des Horror-Kinos eigentlich untragbar. Satte, klare Farben, doch nicht mal der Score stammt von ihm selbst, sondern einem Mann namens Marc Kilian.

Das „tote Mädchen“ erinnert an J-Horror aus dem „Ring“ oder „Grudge“. Das größte Problem aber ist der Twist, bekannt aus „Identity“.

Das macht den „Ward“ unfreiwillig – hat niemand Carpenter vor Drehstart auf die Ähnlichkeiten hingewiesen? – zur schlechten Kopie.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

John Carpenter: alle Filme im Ranking, von Flop bis Top

16. „Vampires“ („John Carpenter’s Vampire“, 1998)

Aus dem linken Antisexisten ist ein linker Sexist geworden, so ließe sich dieses Vampir-Märchen auch sehen: Ständig wird die Prostituierte Katrina (Sheryl Lee) geschlagen, das Helden-Duo der Vampir-Jäger Jack Crow (James Woods) und Montoya (Daniel Baldwin) behandelt sie nicht gut.

Immerhin war es überfällig, dass Carpenter sich, 24 Jahre nach seinem Leinwand-Debüt mit „Dark Star“ und unzähligen Monster-Interessen, dem Vampir-Genre zuwendet. Er selbst verortet es im Genre „Independent Horror Western“. Puh.

Aber warum eigentlich nicht: Die Jagd auf den Dämonenfürst Valek spielt in New Mexiko, alles ist voller Staub, modriger Hütten, Cowboystiefel und archaischer Methoden. Die Ähnlichkeiten mit seinem nächsten Film „Ghosts Of Mars“ sind unübersehbar: Schlägereien wie in Italo-Western, mittendrin ein Goth-Overlord (Thomas Ian Griffiths), ein echter End Boss, der unbesiegbar erscheint.

Nur angedeutet bleibt Carpenters Kritik an der katholischen Kirche, in Person des Betrügers Kardinal Alba (Maximilian Schell).

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

John Carpenter: alle Filme im Ranking, von Flop bis Top

15. „In The Mouth Of Madness“ („Die Mächte des Wahnsinns“, 1994)

Viele bezeichnen dieses Werk als sein letztes richtig gutes. Aber es ist unglaublich wirr. Einen Film zu drehen über ein Buch, das jeden Leser in den Wahnsinn treibt, ist eine Herausforderung: Soll man den Horror des geschriebenen Wortes überhaupt visualisieren? Oder traut man sich, vielleicht der Wirkung eines lediglich verbalisierten Textes zu vertrauen – und Menschen in Gedanken abdriften zu lassen?

Carpenter fuhr eine Monster-Parade auf. Die Kreaturen stehen im Dienste des Schriftstellers mit dem – tollen! – Namen Sutter Cane (Jürgen Prochnow). Als ihn aufspürender Privatdetektiv John Trent jedoch wirkt Sam Neill, wie sonst auch, wenn er in Filmen mit zu vielen Spezialeffekten interagieren muss, siehe „Jurassic Park“, seltsam abwesend.

Es gibt einige wenige gelungene Schockmomente – der Angriff durch das Café-Fenster, der Ehemann unter dem Empfangstresen –, aber die herrlich altmodische Lovecraftsche Gedanke, dass Literatur Menschen um den Verstand bringt, verpufft inmitten des Spektakels.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

John Carpenter: alle Filme im Ranking, von Flop bis Top

14. „Christine“ (1983)

Nach seinem grandios ausgestatteten, aber grandios gefloppten „The Thing“ musste Carpenter einen Gang runterschalten. Stephen Kings „Firestarter“ bekam er nicht, dafür dessen „Christine“ – und mit dem Roman auch alle Probleme, die eine Verfilmung dieses Stoffes mit sich bringen musste.

Leere Autos sind einfach nicht gruselig, egal, was sie anstellen. Der beseelte, diabolische Plymouth Fury verbreitet keinen Schrecken. Mit diesem Problem hatte schon King im Buch zu kämpfen, er richtete seinen Fokus deshalb auch auf die Adoleszenz-Probleme seiner drei menschlichen Protagonisten, erste Liebe und Eifersucht. Das Filmplakat (s.o.) verdeutlichte alle Turbulenzen: Wer mit derart viel erklärendem Text werben muss, weiß doch eigentlich nicht weiter.

Erst zum Schluss, also zu spät, verfrachtete Carpenter – anders als King – den armen, fehlgeleiteten Arnie Cunningham selbst auf den Fahrersitz von „Christine“ und lässt ihn attackieren.

Der Regisseur dürfte dennoch Spaß am Dreh gehabt haben, er liebt Rock’n’Roll, genauso wie der Oldtimer, der sich sein Radio selbst anstellt.

John Carpenter: alle Filme im Ranking, von Flop bis Top

13. „Village Of The Damned“ („Das Dorf der Verdammten“, 1995)

Ab Mitte der Neunziger war Carpenter abgemeldet, aber sein Remake des 1960er-Klassikers von Wolf Rilla (wiederum die Verfilmung von John Wyndhams Roman „The Midwich Cuckoos“) hat einige letzte, wirkungsvolle Momente. Der tote Mann auf dem Barbecue-Grill, der erzwungene Selbstmord der Mutter, die von der Klippe springt.

Im Kampf gegen die besessenen Kinder schart Carpenter die aussortierten Superhelden des Fantasy-Kinos um sich. Ehemalige A-Stars. Mark Hamill alias Luke Skywalker als fanatischer Priester (wo noch durfte er je so zweifelnd auftreten?) sowie „Superman“ Christopher Reeve als Arzt, der eine Idee entwickelt, wie die Außerirdischen gestoppt werden können. Es sollte Revees letzte Rolle vor jenem Reitunfall sein, der zu seiner Querschnittslähmung führte.

Am Ende stoppt der Doc die Kinder, er kommt gemeinsam mit ihnen bei einer Explosion um. Dass keiner den Tod von Kindern betrauert, und seien es solche Kinder, zeigt die einnehmende Wirkung dieses Horrorfilms. Tolle Tagline: „Beware The Children“.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

John Carpenter: alle Filme im Ranking, von Flop bis Top

12. „Elvis“ (1979)

Einer Anekdote zufolge bekam Carpenter den Auftrag für den dreistündigen TV-Film, weil die Produzenten seinen Score für „Halloween“ mochten. Sie dachten, der kann Musik, dann kann er also auch den King des Rock’n’Roll. Tatsächlich würde „Elvis“ sein bis heute einziges Biopic bleiben, er sehnte sich nach dem Biopic, da er nicht als Horror-Regisseur abgestempelt werden wollte.

„Elvis“ ist in Vergessenheit geraten, aber in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Es würde die erste von insgesamt fünf Kooperationen mit Hauptdarsteller Kurt Russell sein, der einen fabelhaften Job macht (den Gesang jedoch übernahm Countrymusiker Ronnie McDowell). Die Darstellung kann niemals einfach sein – kaum eine Musikerpersönlichkeit dürfte einen Mimen stärker dazu verleiten Manierismen vorzuführen als Elvis, bei dem jeder Schritt und Blick wie eine Theaterperformance wirkte.

Der Film ist zum Glück keine „Cradle to Grave“-Biografie, sie endet 1970, als Presley eigentlich schon durch war mit allem. Carpenters Werk war die erste große filmische Interpretation von Elvis’ Leben, der zwei Jahre zuvor verstarb.

Die Einschaltquoten schlugen auf ABC die von „Einer flog über das Kuckucksnest“, es gab Nominierungen für den Golden Globe und den Emmy.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

11. „Big Trouble in Little China“ (1986)

Carpenters erste Komödie mit dem – dankenswerterweise für den deutschen Markt nicht übersetzten – Screwball-Titel präsentiert Kurt Russell natürlich nicht in seiner coolsten, vielleicht aber in seiner lustigsten Rolle. Jack Burton ist der Trucker, der asiatische Papiertüren einrennt, statt sie zu öffnen. Eine Karikatur des kompetenten Amis, völlig überfordert. Am Ende wird einem klar, dass Burton nicht der Held ist, sondern nur der Sidekick der chinesischen Martial-Arts-Kämpfer. Er rennt vor in jedes Bild, hat aber mit der Mythologie überhaupt nichts zu tun.

Amerika war in den Achtzigern dennoch nicht bereit für Kampfsport mit Fantasy. Das Kino von Rübermachern wie Jackie Chan wurde als Exotik bewundert, importiert, aber nicht selbst hergestellt. Carpenter war wütend, weil sein Studio „Big Trouble“ nicht ausreichend beworben hätte, der Film deshalb furios unterging. Es war sein Sargnagel in Hollywood.

Mehr zum Thema
John Carpenters „Big Trouble In Little China“: Keine Chance für Martial Arts in Hollywood

Spätestens seit Quentin Tarantinos „Kill Bill“ von 2003 sind fliegende Kämpfer und asiatische Märchen in Hollywood etabliert, und Tarantino hatte sich auch an den alten Burton erinnert, als er Russell im Jahr 2007 für sein „Death Proof“ engagierte. Er sagte, er wolle Russell, dessen Karriere in den 1990ern schlecht lief, wieder in einer harten Rolle sehen und besetzte ihn als Stuntman Mike.

Burton hat seine Spuren in „Death Proof“ hinterlassen. An der Wand eines Diners hängt ein „Big Trouble in Little China“-Requisit: das verschwitzte Trägerhemd des Truckers.

Übersetzt verkünden die um den Filmtitel „Big Trouble In Little China“ drapierten chinesischen Schriftzeichen: „Evil Spirits Make A Big Scene In Little Spiritual State“ – was sehr frei übersetzt so viel heißt wie großes Bohei um Nichts.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

 

10. „Someone’s Watching Me!“ („Das unsichtbare Auge“, 1978)

Carpenters erster TV-Film erschien kurz vor seinem Durchbruch mit „Halloween“, entstand also in der „Classic Carpenter“-Phase der 1970er, fällt aber bei den meisten Würdigungen seines Gesamtwerks leider unter den Tisch.

Mit Lauren Hutton engagierte er seinen bis dato größten Star (und mit Adrienne Barbeau seine zukünftige Ehefrau). Harry Sukman, nicht Carpenter, schrieb den Score, etwas altmodisch wirkende Hetzgeigen-Musik. Vielleicht wurde hier erstmals deutlich, warum der Komponist Carpenter und der Regisseur Carpenter so gut zusammenpassen: Der Herzschlagtakt seines Synthesizers diktierte das Geschehen auf der Leinwand und umgekehrt. Das „unsichtbare Auge“ wäre, mit Carpenter in Vollkontrolle, als Psychothriller vielleicht noch effektiver gewesen.

Hitchcocks „Fenster zum Hof“ war Vorbild für die Geschichte einer Frau, die im Hochhaus gegenüber einen Voyeur vermutet, der sich dann auch noch in ihrer Wohnung zu schaffen macht. Meisterhaft arbeitet Carpenter mit Licht und Dunkel, bedrohlich-anonym wirkenden Fassaden und leeren Plätzen bei Nacht.

Die Metropole als eiskalter Lebensraum, dazu ein sanfter Schubs Richtung „Whodunnit“.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

 

09.„They live“ („Sie leben“, 1988)

Sicher ist die Idee – Außerirdische kontrollieren uns, indem sie unsere Konsumsüchte triggern – größer als die Umsetzung: schlechte Tricks und der Wrestler Roddy Piper, der nicht schauspielern kann. Als Kommentar gegen Reagans Turbokapitalismus stand das Sci-Fi-Drama in den späten 1980er-Jahren dennoch mutig allein da.

Außerdem enthält der Film eine der unterhaltsamsten, manche sagen: überflüssigsten, auf jeden Fall längsten Prügelszenen des Kinos. Sogar der Schriftsteller Jonathan Lethem widmete sich diesem Fight ausführlich. Er verwies auf die Ironie, dass mit den Figuren von Roddy Piper und Keith David zwei Vertreter der weißen und schwarzen Arbeiterklassen verzweifelt gegeneinander boxen. Denn der eigentliche Feind über ihnen lacht sich schlapp.

Im ROLLING-STONE-Interview erzählt John Carpenter davon, wie wichtig es ihm gewesen war, die Infiltration aus der Sicht eines Gelegenheits-Bauarbeiters statt etwa Forschers zu erklären, also ganz unten anzusetzen, aus der Sicht eines Kapitalismusverlierers statt eines Mannes, der mit Intelligenzvorsprung dem Zuschauer schneller Zusammenhänge erklären kann.

Es gab Konflikte mit dem  Produktionsstudio: Das erhoffte sich ein „Krieg der Welten“, also globalen Kampf in großem Maßstab. Carpenter war cleverer, vor allem kritisierte er mit dieser Satire unser Gesellschaftssystem, nicht das der Fremden. Die Außerirdischen wollen uns nicht mal töten. Sie wollen uns einfach benutzen, mit uns spielen.

Los Angeles bei Carpenter ist kein Hollywood, kein Beverly Hills oder Bel Air. Es ist ein Downtown, vielleicht ein Outer Skirts, in denen (illegale) Arbeiter schuften – und die maskierten Aliens sind Bürohengste. Der Filmkritiker Kim Newman stellte die These auf, dass Charaktere wie Nada heute nicht mehr politisch links einzuordnen, sondern wohl Trump-Wähler wären.

Der letzte Film, für den Carpenter Anerkennung erhielt, „They live“, liegt also 30 Jahre zurück.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

08. „Starman“ (1984)

Roadmovie plus Science-Fiction. Es war Carpenter, der dieses Genre auf die Landkarte setzte, zuletzt zitierte Jeff Nichols mit „Midnight Special“ dieses wundersame Werk. Gerüchteweise soll Carpenter für kurze Zeit als Regisseur für Spielbergs „E.T.“ infrage gekommen sein – mit seinem „Starman“ verwirklichte er zwei Jahre später eine eigene Idee davon, was ein Außerirdischer wohl auf der Erde anstellen würde, nur um sie wieder verlassen zu können.

Schauspieler Jeff Bridges sicherte Carpenter die einzige Oscar-Nominierung, die eines seiner Filme je erhalten sollte („Bester Hauptdarsteller“). Bridges’ Wesen schlüpft in die Haut des verstorbenen Ehemanns von Jenny (Karen Allen), was aus „Starman“ einen schönen Liebesfilm macht. Einerseits beschließt sie dem Alien bei der Rückkehr ins All zu helfen – andererseits hat sie ja irgendwie auch ihren Mann zurück, falls das Ding entgegen seiner Ziele auf der Erde bleibt. Der Starman geht am Ende, aber er hinterlässt Jenny ein Geschenk.

Das Jahr 1984 war im Fantasy-Genre hart umkämpft: Indiana Jones, Ghostbusters, Star Trek 3, Conan 2, Gremlins, sogar die „Unendliche Geschichte“. „Starman“ spielte mit 28 Millionen Dollar gerade mal etwas mehr als sein Budget ein.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

07. „The Fog“ („The Fog – Nebel des Grauens“, 1980)

Nach dem Erfolg von „Halloween“ stand Carpenter unter Druck, mehrmals schnitt er vor Kinostart den Horrorfilm über rachsüchtige Zombie-Piraten um: Er sei einfach nicht gruselig genug gewesen, die Story nicht stringent.

Tatsächlich war „The Fog“ vielleicht keine inhaltliche Weiterentwicklung – wieder kommt der Schwarze Mann aus dem Dunkel und schwingt ein Messer. Aber er funktioniert als visuelles und klangliches Gesamtkunstwerk aus Licht- und Schatteneffekten und einem Piano-basierten Soundtrack, gemischt mit Jazzradio-Musik; mit der DJ Stevie Wayne (Adrienne Barbeau) schuf Carpenter eine seiner vielleicht stärksten Figuren.

Natürlich geht es im „Nebel“ auch um die Notwendigkeit, dass böse Vergangenheit nie vergessen werden darf. Eines der Anliegen des untoten Kapitän Blake. Die Dinge sollen eben nicht im Nebel bleiben – tun sie ja am Ende auch nicht mehr.

„The Fog“ ist, wie der „Assault“, auch eine Hommage an die Western Howard Hawks‘: die Darstellung von Belagerungs-Situationen. Vor allem aber ist der „Nebel des Grauens“ eine Geistergeschichte, sie wird sogar von einem Erzähler am Lagerfeuer eingeleitet.

So beendete Carpenter die 1970er-Jahre, jenes Jahrzehnt, in dem der Horror durch Regisseure wie Cronenberg und Romero als Allegorie für politisch brisante Zeiten (Vietnam, Gesundheitspolitik) genutzt wurde, mit einem Rückzug ins Altmodische.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

06. „Prince Of Darkness“ („Die Fürsten der Dunkelheit“, 1987)

Nach den Misserfolgen in Sci-Fi („Starman“) und Martial-Arts-Slapstick („Big Trouble In Little China“) kehrte Carpenter den großen Studios den Rücken zu, fokussierte sich wieder auf Horror. Und wie! Die Apokalypse inszenierte er mit reduzierten, perfekt eingesetzten Mitteln: die Ameisen in der Sonne, DIESE perfekt gelegene und ausgeleuchtete Kirche in Los Angeles, die Behälter, in denen das Böse grünlich leuchtet.

Carpenter gelangen hier in einem Film so viele Jump-Scares wie sonst in zwei Filmen. Alice Cooper spielte den Adjutanten Satans, der mit seinen Jüngern das liebste Setting des Regisseurs – die durch Howard Hawks’ Western bekannte Belagerung eines Schutzortes – forciert. Nur mit dem Unterschied: DRINNEN ist es noch schlimmer. Wer sieht, wie Cooper den armen Thom Bray mit einem Fahrrad angeht, wird den bebrillten Nerd zumindest in der Vorabendserie „Trio mit vier Fäusten“ nie wieder mit unschuldigen Augen betrachten können.

Das offene Ende ist überwältigend; der Einsatz von VHS-Technik (die Traumsequenz), fast 15 Jahre vor dem Durchbruch des„Found Footage“-Horrors  à la „Blair Witch Project“, ein letzter Geniestreich Carpenters.

„We are contacting you from the year one. Nine. And Nine. Nine …“

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

05. „Dark Star“ (1974)

Carpenters erster Spielfilm entstand als Uni-Projekt an der UCLA. Weil der Streifen danach ins Kino kommen durfte, streckte der Student ihn auf 74 Minuten – auf fast schon unverschämte Weise, etwa, indem er minutenlanges Xylophonspiel zeigt, das mit der Story nichts zu tun hat.

„Dark Star“ ist eine Hommage an den bestimmenden intelligenten Sci-Fi-Film seiner Zeit, natürlich Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“, und dessen Blick auf die Gleichgültigkeit des Alls und die Gnadenlosigkeit der Computer. Den Sinn ihres eigenen Daseins wiederum versuchen die Hippie-Astronauten durch Ray-Bradbury-Philosophie zu finden, der ja in allem eine göttliche Ordnung sah: Zum Staub kehren wir zurück.

Überhaupt, die Hippies. Bei Carpenter sind sie längst eine aussterbende Gattung, zu nichts nütze. Liegen auf ihren Pritschen, spielen eben Xylofon oder plagen sich mit Außerirdischen herum, die ihnen buchstäblich auf der Nase herumtanzen.

Ein irres, lustiges, aber eben auch tiefgründiges Debüt, das jeden angeht, der glaubt, der Mensch sei auch für den Weltraum geschaffen.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

04. „Assault On Precinct 13“ („Assault – Anschlag bei Nacht“ bzw. „Das Ende“, 1976)

Wie später im „Prince Of Darkness“ suhlte Carpenter sich hier in den Western von Howard Hawks und John Ford, auch hier werden die Aufrechten belagert. Eine Szene kopierte er direkt aus „Rio Bravo“ – Napoleon Wilson (Darwin Joston) fängt eine Schrotflinte und schießt aus dem Wurf heraus.

Verbrechensforscher könnten mokieren, dass Carpenter sich zu wenig der „Gegenseite“ widmet, die Ursachen für Gewaltkriminalität außen vor lässt (in der Eröffnungssequenz wird schließlich eine Bande in einen Hinterhalt gelockt und von der Polizei zusammengeschossen). Aber ein ausgewogenes Porträt des Verbrechens in Los Angeles hat ihn eh nicht interessiert. Die Angreifer zeigt er als nahezu stumm, leidenschafts- und erbarmungslos, sie ähneln den Zombies aus Romeros „Night Of The Living Dead“. Vielleicht Carpenters erster Horrorfilm, denn das marschierende Grauen würde er im nächsten Werk, „Halloween“, perfektionieren.

Sein erster großer Kinofilm sorgte für Aufsehen, mit Frank Doubleday (als „White Warlord“) entdeckte Carpenter einen auffälligen Antagonisten (als „Romero“ in „Escape from New York“ würde er noch beeindruckender auftreten).

Der Mord an dem Mädchen am Eiswagen ist grausam, aber man muss das als Kinozuschauer aushalten können. Und die DJs förderten Carpenter als Musiker: Der Groove des „Main Title“ klang wie der böse Bruder von Disco und lief in den Clubs.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

03. „Escape From New York“ („Die Klapperschlange“, 1981)

Wer ein Projekt dieser Art heute plant, müsste dafür mindestens 200 Millionen Dollar in die Hand nehmen.Die Apokalypse, weltweit. Carpenter benötigte nur sechs Millionen.

Die Idee hinter der „Klapperschlange“ war genial: 16 Jahre in der Zukunft, der Dritte Weltkrieg droht, ganz Manhattan ist ein Knast, die schlimmsten Schwerverbrecher verwalten sich darin selbst, der US-Präsident stürzt mit der Air Force One darüber ab, wird vom „Duke Of New York“ gefangen genommen, Snake Plissken muss eingeschleust werden, hat 24 Stunden Zeit den POTUS zu befreien, sonst BANG: Die Russen greifen an, die Welt wird in Schutt und Asche gelegt.

Wie gesagt: heute 200 Millionen.

Carpenter drehte billiger, in St. Louis (Auftrag an den Setdesigner: „Finde die dreckigsten Straßen der USA“), entdeckte in Isaac Hayes einen imposanten „Duke“ und mit Kurt Russell als Verlegenheitslösung (für Charles Bronson) genau das, was die Verlegenheitslösung Harrison Ford (für Tom Selleck) als Indiana Jones war: den perfekten, ikonisch eingekleideten Helden.

Mehr zum Thema
17 knallharte Fakten zu John Carpenters „Escape From New York“ – „Die Klapperschlange“

Carpenter schrieb das Drehbuch 1976, er war erbost über den Watergate-Skandal, verlor das Vertrauen in Anführer. Das Motiv prägte weitere Filme, seien die Oberhäupter staatliche („They live“) oder religiöse („Vampires“).

Welcher Scherzkeks war eigentlich für den deutschen Filmtitel „Die Klapperschlange“ verantwortlich? Die Tätowierung zeigt doch ganz klar eine andere Schlange.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

 

02. „Halloween“ („Halloween – Die Nacht des Grauens“, 1978)

Die „Geburt des Slasher-Films“, die „Geburt der Scream-Queen Jamie Lee Curtis“, die „Geburt des modernen Horror-Kinos“. Es ließen sich bestimmt viele weitere „Geburten“ für Carpenters dritten Kinofilm finden, der vor 41 Jahren alles auf den Kopf stellte. Von da an erhielten seine Werke im Titel das ehrende Siegel: „John Carpenter’s …“

Dabei hat Michael Myers, der mörderische Stalker mit der weißen Captain-Kirk-Maske, durchaus Humor. Sein Auftritt als Geist, der sich über das Bettlaken noch eine Brille aufsetzt, gehört zu all jenen Momenten, die nicht nur aufs Unterbewusste zielen, sondern auch Einblicke in Psychopathien bieten, die sich niemals ergründen lassen.

Mehr zum Thema
Ewiger Klassiker: John Carpenters „Halloween“

Die Pointe: Es ist ausgerechnet ein Naturwissenschaftler, der Arzt Dr. Loomis (Donald Pleasence), der nicht mehr an die Therapie seines Patienten Myers glaubt. Er glaubt nicht mal mehr, dass der noch ein Mensch ist, jemals ein Mensch war. Er hält ihn für das Böse an sich.

Diese Kapitulation vor den (Behandlungs-)Möglichkeiten, die wir uns über Jahrhunderte angeeignet haben: Auch das macht „Halloween“ so brutal.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

01. „The Thing“ („Das Ding aus einer anderen Welt“, 1982)

Carpenters erster Kinoflop ist heute sein meistgefeierter Film überhaupt. Natürlich! Der Regisseur selbst strickt an der beliebten Legende, dass sein brutaler Alien nur deshalb unterging, weil parallel der knuddelige Außerirdische E.T. anlief. Keine gute Zeit für Monster, daran soll’s gelegen haben.

„Sie werden niemals wieder einen Film dieser Art sehen“, sagt Carpenter, und das stimmt wohl: Die Masken, Puppen, Drähte und Schläuche, die die Effektemacher Stan Winston und Rob Bottin miteinander verwoben, dehnten oder in Brand setzten, waren State of the Art. Im Feuer wurde rotes Gummi grün. Das war nicht beabsichtigt, aber wohl ganz im Sinne des außerirdischen Wesens. Wer je eines der „Ding“-Inkarnationen in den 102 Minuten gesehen hat, ob als Husky, Bennings, Norris, vergisst es nie wieder.

Mehr zum Thema
„The Thing – Das Ding aus einer anderen Welt“: 20 grausame Fakten

Aber es sind nicht mal die Spezialeffekte, die „The Thing“ zum Spektakel machen. Die zwölf Antarktis-Forscher sind ein Spitzen-Ensemble, zwölf Charaktere voller Misstrauen und Angst, sie sind selbst vermummt und im Eis-Parka noch einzeln auszumachen. Derart viel Leben.

Der Film dreht sich um Paranoia – wer ist infiziert, wer ist noch Mensch? –, das hat Carpenter von Christian Nybys „The Thing From Another Word“ (1951) übernommen, das natürlich im Kalten Krieg entstand. Wer von uns ist im Geheimen ein Kommunist?

Die größte Geek-, Nerd-, Fanboy-Frage aller Zeiten wird natürlich diese bleiben: Wer schoss zuerst, Han oder Greedo? Aber die zweitgrößte hat sich Carpenter gesichert: Childs oder McReady – Wer ist am Ende das „Ding“?

Bei keinem Horrorfilm der Kinogeschichte versuchen sich Kritiker wie Fans derart an Wiedergutmachung dafür, dass sie ihn 1982 durchs Raster fielen ließen.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Weitere Highlights

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates