Karakter

von Mike van Diem

Das Schwein ist tot und keiner weint ihm eine Träne nach. Dreverhaven (Jan Dedeir), Rotterdams skrupelloser Bankier und Gerichtsvollzieher, liegt zerschmettert in seinem Kontor. Nie wieder wird er mit eisigem Blick Zahlungsunfähige aus ihren Wohnungen werfen und erfrieren lassen. Des Mordes verdächtigt wird Katadreuffe (Fedja van Huet), ein junger Anwalt und

unehelicher Sohn des Scheusals und seiner Haushälterin. Bei dem Verhör schildert jener einen Vater-Sohn-Konflikt, wie ihn nicht einmal Kafka erlebt hat Katadreuffes Lebensbeichte dient als Basis eines Dreiecksdramas um eine Familie, die keine ist: ein Vater, der von der Kindsmutter abgelehnt wird und deshalb unerbittlich gegen seinen Sohn vorgeht Van Diems Regiedebüt erzählt derart schlüssig und spannend, dass man zwischendurch den Mordverdacht völlig vergisst. Der Aufstieg des „Arbeiterbastards“ zum angesehenen Anwalt ist Krimi genug. Und ein exquisiter dazu, wofür die mitreißende Story über Fragen des Charakters mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Die düster-verregneten, expressionistischen Bilder vom Rotterdam der 20er Jahre entstanden in Hamburgs Speicherstadt.

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