kinderKram

Warum schreiben Popstars immer öfter Kinderbücher? Joachim Hentschel sinniert.

Klingt wie die neue Folge aus der beliebten „Portlandia“-Reihe: Dieses Mal ist es ein zwölfjähriges Mädchen namens Prue, das sich in der ewigen Studentenstadt in Oregon auf eine Radtour begibt. Grund: Sein Baby-Bruder wurde von bösen Krähen durch die Luft verschleppt, in ein wildes, verwunschenes Waldgebiet, in dem eine Kojotenarmee regiert. Der Hinweis „Für Ihre Jugendbuch-Abteilung“, der auf dem Lese-Exemplar von „Wildwood“ klebt, wäre nicht nötig gewesen – dieser Roman (Heyne, 19,99 Euro) ist ein Puppenkiste-taugliches Märchen erster Güte, geschrieben vom modernen Märchenonkel: Colin Meloy, Sänger der Decemberists, die ja eh gerne von Kranichfrauen und Walfischbäuchen erzählen. Trotzdem fragt man sich an dieser Stelle, warum so viele Popmusiker und andere Stars glauben, Kinderbücher schreiben zu können (oder zu müssen): Madonna („Die englischen Rosen“), Paul McCartney („Hoch in den Wolken“), Kylie Minogue („The Showgirl Princess“), Heidi Klum („Der kleine schwarze Wackelzahn“). Vielleicht aus demselben Grund, aus dem sie Popsongs (oder Billig-Shows) machen und keine historischen Sittentableaus: weil sie fürs Komplexe, für die schmerzhafte Kunst nicht taugen. Oder aus einem urwüchsigen Reflex heraus: Jeder weiß, dass man mit Pop 2012 zwar die 35-Jährigen erreicht, aber kaum mehr die underage rioters. Wer trotzdem dieses Sendungsbewusstsein verspürt, den Drang, zu den jungen Leuten zu sprechen – darüber, wie toll Portland ist, dass sie sich die Zähne putzen sollen, dass Kylie Minogue sich wie eine Prinzessin fühlt -, schreibt eben ein Buch für sie. Schließlich hat ja auch einer der insgesamt besten deutschen Romane der letzten Jahre, „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf, 2011 den Jugendliteraturpreis bekommen. In der Tigerenten-Leseecke, da braut sich ganz schön was zusammen.

Was man gerade auf dem Schulhof hört

Carly Rae Jepsen „Call Me Maybe“

Pitbull „International Love“

Sido & B-Tight „Hol doch die Polizei“

Aura Dione feat. Rock Mafia „Friends“

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