KinderKram

War es bloß Zufall, dass Lena direkt nach dem Abitur den Song Contest meisterte? Joachim Hentschel fantasiert.

Ihre Abschlussnoten in Bio, Sport und Geschichte sollte Lena Meyer-Landrut mittlerweile wissen. Öfter hieß es ja, unsere (zu Recht) gefeierte Super-Lolita habe den Eurovision Song Contest trotz der vorausgegangenen, auslaugenden Abiturprüfungen gewonnen. Wer allerdings noch mal kurz in die Geschichte hineinblättert, wird merken: Deutschland hat den Wettbewerb bisher nur dann gewonnen, wenn es Abiturientinnen geschickt hat! Auch die 17-jährige „Ein bisschen Frieden“-Nicole blickte 1982 – mit mehr Abstand freilich – dem gymnasialen Abschluss entgegen. Die beiden anderen Teenager, die für uns antraten, waren entweder zu jung (Maxi Garden, 14, 1988) oder schon fertige, dem Bildungssystem entrissene Showpersönlichkeiten (Conny Froboess, 18, 1962) – und gewannen genau so wenig wie die vielen Erwachsenen. Es geht bei diesem Wettbewerb wohl doch nicht nur um Ausstrahlung und Augenglanz, sondern vor allem um Studierfähigkeit, heiteren Drill, schnelles Umschalten zwischen Schwerpunkten und Nebengebieten – also um alle Qualitäten, die das deutsche Kollegstufensystem entscheidend fördert und bei denen unseren Schülern keiner was vormacht. Michel Friedman schrieb am Tag nach dem Sieg in der „B.Z.“, Lena sei eine Symbolfigur gegen die Krise – auch gegen die im Bildungssystem, möchte man ergänzen. Obwohl sie (anders als die folgsame Nicole) nicht so aussieht, als ob sie nun pünktlich im Herbst in Erlangen mit Sozialpädagogik beginnen würde und die Erwerbsbiografie vorantreibt. Lena dürfte, sobald möglich, nach Portugal abhauen, mit jungen mexikanischen Zirkusartisten nachts ins Freibad einsteigen und Entwürfe fürs Schmuckdesign anfertigen. Und bei der geplanten Titelverteidigung vielleicht doch noch gegen Safura aus Aserbaidschan verlieren, die in der Zwischenzeit in der Ukraine fertig austrainiert wird. Dann können wir wenigstens wieder sagen, man solle den Eurovision Contest bloß nicht zu ernstnehmen.

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