Kinostart der Woche: „Kick-Ass“ von Matthew Vaughn

Gewitzt und sehr blutig: Matthew Vaughns bisher wohl beste Comic-Adaption. Findet unser Mann fürs Kino Oliver Hüttmann. Vor allem Chloe Moretz als ebenso minderjährige wie blutrünstige Amazone überzeugt.

„Okay, you cunts“, zischelt die maskierte Amazone und jongliert breitbeinig mit ihrer Lanze. „Let’s see what you can do now.“ Wenn ein elfjähriges Mädchen in einem US-Film so flucht (und danach äußerst blutig austeilt), dann ist das „Restricted“-Rating in den USA eine Ehrensache. Teenager spielen Superhelden – aber Kinderkram ist die Verfilmung des Comics von Mark Millar („Wanted“) nicht. Zwar grell überzeichnet, aber im Sinne pädagogischer Anklagen definitiv gewalttätig, hat Matthew Vaughn hier einen ironischen Rache-Reigen inszeniert.

Konsequent wie noch nie setzt die Story die pubertären Fantasien von Superhelden-Comics und Action-Kino um. Dave (Aaron Johnson) ist als schmächtiger Brillenträger der klassische Loser und Fanboy. Mit seinen beiden Nerd-Kumpels hängt er meist in einem Comic-Laden herum und redet über Sex, den er nur aus Internetpornos kennt. Die High-School-Schönheit Katie sieht in ihm nur den „best gay friend“ (was immerhin Kontakt mit dem Alien verheißt), auch in seinem Online-Profil herrscht tote Hose. Das Sujet einer typischen Teenie-Komödie verknüpft sich mit der Geschichte von Peter „Spider-Man“ Parker: Jeder kann ein Superheld sein, glaubt Dave. Während Parker aber vom Schicksal bestimmt wurde und damit hadert, treibt Dave der Wunsch an, seine Bedeutungslosigkeit zu überwinden.

Im gelb-grünen Taucheranzug und mit zwei auf den Rücken geschnallten Gummiknüppeln streift er fortan durch New York. Wie der „Taxi Driver“ hat er vorher martialisch vor dem Spiegel geübt. Ernst nimmt ihn natürlich keiner. Allein seine klobigen Stiefel sind ein Witz. Aber die Kostümierung macht ihn selbstbewusst; nur eben nicht unverwundbar. Bereits die erste Konfrontation mit zwei Rüpeln endet für ihn mit einem Messer im Bauch. Es wirkt zwar ziemlich grotesk, dass er sogleich noch von einem Auto überfahren wird, doch dies ist einer von vielen starken Momenten, in denen Vaughn die Fantasy mit schmerzhafter Realität bricht.

Doch Daves Wille ist ungebrochen. Als er einem Opfer gegen eine Schlägergang beispringt, bezieht er zwar wieder mächtig Prügel, doch ein Handyvideo der Schlägerei macht ihn zum YouTube-Star. In Selbstüberschätzung legt er sich mit einer Drogenbande an, vor der ihn der Martial-Arts-Floh Hit Girl (Chloe Moretz) rettet. Die kleine Schwester von „Lady Snowblood“ ist eine Killermaschine, trainiert von Big Daddy (Nicolas Cage), der im Batman-Anzug den Mord an seiner Frau durch den Mafioso D’Amico (Mark Strong) rächen will.

Mit diesem Familienduo hebt Vaughn seinen cleveren Referenzfilm auf eine dritte Ebene. „Stirb langsam“, „Matrix“, „Leon – Der Profi“, „Nikita“ und John-Woo-Motive laufen zur Morricone-Melodie in einem elektrisierend choreographierten, irrwitzigen Showdown zusammen. Und Dave bewährt sich dabei noch als echter Held. „Kick-Ass“ ist kühnes, pointiertes und wildes Kino. These kids are alright. Oliver Hüttmann no description

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