„Die nackte Kanone“: Niemals zu alt für diesen Scheiß

Mehr Punches als Metaebenen, eine Filmlänge wie in den 80ern – und keine Hinweise auf das hohe Alter. Der „nackte Kanone“-Reboot tut gut.

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Liam Neeson ist 73. Zehn Jahre älter als Leslie Nielsen 1989 in seiner Rolle als Frank Drebbin in „Die Nackte Kanone“. Er sieht aber zehn Jahre jünger aus als Nielsen damals. Nielsen ist jener Mann mit den rentnerweichen Gesichtszügen, den De-Niro-Lang gewordenen Ohrläppchen und dem hündisch-doofen Blick (wenn die Rolle es eben erfordert). Männer alterten früher schneller als heute. Heute ist alles leichter. Kein Aufwachsen im oder nach dem Zweiten Weltkrieg, gesünderer Lebensstil, bessere Haarimplantate, und natürlich, bessere Bildbearbeitung ihrer Körper im Kino.

Genug mit dem Ageism. Eigentlich ist der Reboot der „Nackten Kanone“ ein Film ohne Ageism. Pamela Anderson, die Angebetete des 73-jährigen Liam Neeson, ist 58. Sein Lieutenant Frank Drebbin schwärmt von ihrem Körper, als wäre sie 18. Und das ist nicht mal als Gag gemeint. Eine wohltuende Altersignoranz. Genau so wohltuend wie die Tatsache, dass Drebbin selbst nie als gebrechlicher Mann, dem das Alter zu schaffen macht, gezeigt wird. Er hechtet und klettert – und stöhnt dabei nicht. „Physical Comedy“ wird es genannt, wenn Leute sich verrenken.

Für Filme wie „Die Nackte Kanone“, damals eine ZAZ-Produktion und nun in der Hand von Co-Produzent Seth MacFarlane, wurde der Begriff „Gag-Quote“ erschaffen. „20 Gags pro Minute“, und so weiter. Diese „Quote“ will auch der neue Kanonen-Film „erfüllen“, und genau wie seine Vorgänger-Filme gelingt das mal mehr, mal weniger gut. Hier gilt: Gag-Quote von, sagen wir mal, 55 Prozent erfüllt.

Klassischer Humor, zeitlose Komik

Was gleich geblieben ist: Fast alles wird in Zucker-Abrahams-Zucker-Tradition mit Straight Face dargeboten. Es gibt eine Krankenhausszene, in der Drebbin Informationen aus einem Schurken herauspressen will. Hätte diese Szene keinen Ton, sie könnte als Thriller durchgehen. Das ist perfektes Straight Face.

Dieser Film hat einige Punches – aber keine Meta-Ebenen. Keinen Witz, über den man zweimal nachdenken muss. Eine Wohltat. „Die Nackte Kanone“ enthält auch sehr viele „Easter Eggs“, also kleine Hinweise im Hintergrund, wo sich oftmals die eigentliche Handlung abspielt.

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Ein Flat-Joke-Film also mit Wortspielen, die heute leider abwertend als „Dad Jokes“ kursieren, was sehr ungerecht ist, sind die heutigen Dad Joker ja vor allem in der Alterskohorte der Generation X (1964-1980) zu finden, jener Generation mit dem besten Humor, der größten Widerstandsfähigkeit und einer Scharfsicht, für die die Generation Z sie auslacht, nur weil die X-er in guten Reels aufzeigen, dass fast jeder Dua-Lipa-Hit von größeren Hits aus den 80er-Jahren „übermäßig inspiriert“ ist. Der erste „Nackte Kanone“-Film bediente genau diese Generation X der damals 9- bis 25-Jährigen. Ob die heutigen Kinder über den Reboot lachen, ist noch unklar.

„Lieutenant Frank Drebbin!“, ruft der Hi-Tech-CEO Cane (Danny Huston) zur Begrüßung. „Ja“, sagt Drebbin, „so heiße ich auch!“. Solche Witze also. Und sie sind witzig. Der Humor der meisten heutigen Filme soll subversiv sein, politisch, auf bestimmte Gruppen zugeschnitten. Dieser hier hat, zum Glück, keine Message.

Würdevoller Umgang mit dem Alter

Eine Komödie wie in den 1980er-Jahren, sogar mit einer 80er-Jahre-Filmdauer von unter 90 Minuten. Dazu eine, vielleicht von „Ted“-Schöpfer Seth MacFarlane initiierte, brillante Albtraum-Sequenz mit einem zum Leben erweckten Schneemann. Die eigentliche Story – Frank Drebbin ermittelt gegen einen Tech-Mogul, der die Menschheit zu Stephen-King-„Cell“-artigen Zombies machen will – ist gar nicht so interessant.

Im Netz kursiert eine Szene aus einem mindestens zehn Jahre altem Liam-Neeson-Actionfilm, in dem er innerhalb von fünf Sekunden über einen Zaun klettert, dieser mühselige Bewegungsablauf aber aus 15 Film-Einstellungen besteht. Soll heißen: Neeson selbst hatte es in einem einzigen Anlauf gar nicht drüber geschafft. Schnitte verschleiern seinen Versuch, vielleicht verschleiern sie auch, dass Neeson den Stunt selbst gar nicht durchführte. „Die Nackte Kanone“, eine Komödie, geht mit dem Altern weit würdevoller um.