Last Man Standing

ein Sohn“, sagt er am Ende zu I dem jungen Kerl, der erschöpft und zerschunden zu seinen Füßen kauert, „du kannst gehen.“ Dann steigt er auf sein Pferd und reitet weg, als der andere ihm hinterherruft: „Kommst du War… alleine?“ Tommy Lee Jones ist immer klar gekommen und meist allein gewesen, zumal er eher Gejagter als Jäger war. Obwohl das seine Rollen nie ganz deutlich machen wie auch hier in „Three Burials -Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada“, seinem kürzlich auf DVD erschienen Kinodebüt als Regisseur.

Es ist eine Geschichte über Schuld und Reue, Gleichgültigkeit und Freundschaft, geschrieben von Guillermo Arriaga („Babel“), gefilmt von Chris Menges („The Mission“) und gedreht als makabre Odyssee in majestätischen Landschaften. Jones spielt den alten Cowboy Pete, dessen Freund, ein illegal eingereister Mexikaner, von einem übereifrigen Grenzpolizisten erschossen wird. Die Tat wird vertuscht, der Tote verscharrt. Doch Pete schnappt sich den Täter, lässt ihn den Leichnam wieder ausgraben und bricht mit beiden, stets verfolgt von den Cops, durch die Wüste für ein anständiges Begräbnis nach Mexiko auf.

Mit diesem bemerkenswerten Spätwestern in der Tradition von Sam Peckinpah, aber auch in „No Country For Old Men“ und dem Militär-Drama „Im Tal von Elah“ (Start: 6.3.) von Paul Haggis („L.A. Crash“) wird Jones endgültig in die Annalen als Charaktermime eingehen. Als besserer Action-Schauspieler und charismatischer Nebendarsteller lange unterschätzt worden, erweist er sich nun als unnachgiebige moralische Instanz und der letzte lebende große Stoiker des amerikanischen Films neben Clint Eastwood. In „Three Burials“ greift er noch mal durch für ein bisschen Anstand, dagegen steht sein Sheriff in „No Country For Old Men“ bereits auf verlorenem Posten, während er bei „Im Tal von Elah“ als trotziger Vietnam-Veteran in einem schmerzhaften Erkenntnisprozess erlebt, dass die Hoffnung auf Gerechtigkeit und Forderung nach Menschlichkeit von erschütternder Ambivalenz sind. Sein Sohn hat den Einsatz im Irak überlebt, wird aber in der Heimatbasis bestialisch ermordet. Was er bei der zähen Suche nach dem Motiv und Täter über den Krieg, die Soldaten und Folgen erfährt, ist eine kaum fassbare Tragödie, in der kein Mitgefühl und keine Werte mehr gelten.

Gewalt ist Jones nicht fremd, er ist bekannt geworden mit Filmfiguren, die wenig zimperlich agieren. Er verkörperte Mörder, Attentäter, Schläger, Soldaten, Gangster und immer wieder ruppige Gesetzeshüter wie in „Auf der Flucht“, wofür er den Oscar als bester Nebendarsteller gewann. Jones spielte gut in „Nashville Lady“, großartig in „JFK“, genial in „Men In Black“ oder „Space Cowboys“ und in vielen schlechten Actionstreifen mit. Mit einer fast spirituellen Gelassenheit verleiht er seinen Rollen eine Aura der Gebrochenheit, auch wenn er grimassiert wie als Two-Faces in „Batman Forever“. Er ist die amerikanische Seele zwischen Gemütsruhe und Tatkraft.

Jones repräsentiert das frühere Amerika, vielleicht auch die Illusion davon. Als AI Gore, sein Freund seit Harvard, den Friedensnobelpreis erhielt, moderierte er eine Musik-Gala zu dessen Ehren. In diesen drei Filmen bäumt Jones sich noch mal auf gegen den Wahnsinn dieser Zeit, den Verlust einfachster Tugenden und immer unbegreiflichere Brutalität. Nachdenklich sind seine Figuren darin und sehr müde. Als er in „No Country For Old Men“ gegen Ende gefragt wird, warum er in Rente gehe, antwortet er: „Ich fühle mich abgehängt.“

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