Lautlos Inferno

Bret Easton Ellis ist ein Popstar. Seit seinem Debüt-Roman „Unter Null“ (1985) gilt der Amerikaner, 1964 in Los Angeles geboren, als Repräsentant des literarischen „brat pack“, der jüngsten Schriftsteller-Generation der USA, die zugleich mit einer neuen Schauspieler-Riege zu Ruhm kam. „Unter Null“, dessen Titel von Elvis Costellos Song „Less Than Zero“ entlehnt ist, wurde drei Jahre später verfilmt: Die orientierungslosen, frühvollendeten College-Yuppies und Hedonisten des Romans waren etwas jüngere, etwas weniger desperate Geschwister der später von Douglas Coupland ausgerufenen „Generation X“. Auch in seinem zweiten schmalen Roman „Einfach unwiderstehlich!“ beließ es Ellis bei gut beobachteten Milieustudien der Dekadenz. Bei Ellis brach auseinander, was Douglas Coupland dann zusammenfegte.

In seinem dritten Buch, dem berüchtigten „American Psycho“ (1991), trug Ellis die vergangene Dekade zu Grabe, nachdem er ein Gemetzel angerichtet hatte: eine Tabula rasa, ein Gewaltakt, ein Zerstörungswerk. Sein Protagonist Patrick Bateman, ein autistischer Gefühlskrüppel und paranoider Killer, ist ein Kompositum aus Hitchcocks Norman Bates und dem „Psycho Killer“ der Talking Heads, die Ellis im Motto des Buches zitiert: „And as things feil apart, nobody paid much attention.“ Neben ausladenden, kaum zu ertragenden Katalogen von Warennamen, Luxusartikeln und Firmenbezeichnungen, der expliziten Darstellung bestalialischer Grausamkeiten und der stupenden Komik redundanter, abenteuerlich dümmlicher Dialoge in Restaurants, Diskotheken und Telefon-Konferenzschaltungen erzählen die eingeschobenen Exkurse über Genesis und Huey Lewis & The News, den Pop-Mainstream der 80er Jahre, alles über Entfremdung, Ekel und die Naivität im Monströsen. Ellis montierte diese absurd ernsthaften und glühend pathetischen Aufsätze im Stil von Plattenbesprechungen – eine Reminiszenz an seine eigene Arbeit ab Musik-Kritiker.

Die Abwesenheit jeder Moral sowie die Drastik der Gewaltbeschreibungen loste erbitterte Dispute um „American Psycho“ aus. Der asoziale Geschmacksfaschismus des Börsen-Brokers Bateman wurde dem Autoren zum Vorwurf gemacht, der sich mit nonchalantem amerikanischem Pragmatismus von seiner Figur distanzierte. „American Psycho“, das hatte er schon in einer Vorrede betont, sei eine Art von Laborversuch über den Rückfall in einen vorzivilisatorischen Zustand, in dem die Menschen ohne die Tabus der Moralität agieren. Insofern fungierte Bateman als Ideenträger und Experimentiergegenstand, nicht als glaubhafter Henker der Postmoderne.

Der Schrecken entzündete sich aber weniger an der Motivation des Psychopathen als an den Modalitäten seines besinnungslosen Wütens. Der Lakonismus der Erzählung verhöhnt die unfaßliche Brutalität des Beschriebenen, und auch für den Leser ist keine wohlfeile Moral zu haben: Die Wolfsmentalität der spätindustriellen Gesellschaft exekutierte Bret Easton Ellis in unerbittlichem Plauderton. Kritiker wandten ein, mit Literatur habe das nicht viel zu tun.

Was die Wahrheit ist – und doch blind: Ellis würde der These ohne Bedauern zustimmen. Ihm geht es nicht um die Worte, sondern um die Wirkung, die sie hervorrufen: um die kürzeste Verbindung zwischen Hirn und Herz. Folglich verfahrt er nach Wittgensteins Maxime: Was sich überhaupt sagen läßt, das läßt sich klar sagen. Patrick Bateman spricht mit der Säge.

In Ellis‘ nun auf deutsch erschiener Kurzgeschichten-Sammlung „Die Informanten“, vor „American Psycho“ verfaßt, ist diese Kunstlosigkeit gut studierbar. Mit unbeteiligter Schlichtheit schaut Ellis kalifornischen Existenzen beim Scheitern zu: somnambulen, drogensedierten, fast empfindungsfreien Ungeheuern, die austauschbare Tage unter gleichmäßig ausdörrender Sonne inmitten perfekt künstlicher Wohn-Installationen verbringen. Jeder Abriß eines Lebens läuft in die gleißende Leere – die Ereignislosigkeit ist betäubend.

Damit verrät Ellis nichts Neues. „Die Informanten“ ist vor allem als Vorstudie, als

Skizzen-Kompendium zu „American Psycho von Belang. Die meisten Geschichten gehen zurück zu den frühen 80er Jahren und also Ellis‘ Anfangen als Schriftsteller, sie kreisen monothematisch um das große Nichts in ausgelöschten Biographien und ein Amerika, in dem die „pursuit of happiness“ zum Freifahrtschein ins laudose Inferno pervertiert ist.

In Mailand sprachen Andrea Cangioli und Bernadetta Gucci mit Bret Easton Ellis.

ROLLINGSTONE: Warum haben Sie Ihr Buch „Die Informanten“genannt? Wollen Sie den Leuten etwas verraten, das sie nicht wissen sollen?

In den USA und in England hat das Wort „Information“ einen bösen Beiklang: Ein „Informer“ ist einer, der etwas sagt, das er nicht sagen sollte. Diese Leute hier erzählen Geschichten, die sie nicht erzählen sollten – sie glauben, daß sie etwas über andere verraten, aber in Wirklichkeit verraten sie etwas über sich selbst. Sie sind nicht gefühlsbetont, wenn sie von sich selbst reden, sie sprechen nicht wirklich über ihre Gefühle, aber gerade deshalb glaube ich, daß sie einem um so mehr über sich verraten… Es ist konzeptualistisch. Es ist ein Konzept.

Man hat diese Haltung Ihrer Protagonisten als „sehr amerikanisch “ bezeichnet.

Ich finde, die Thematik dieses Buches ist in westlichen Gesellschaften sehr verbreitet. Ich glaube, daß Leute, die zuviel Geld haben, sehr dekadent werden und schlimme Dinge tun, und darum geht es in meinem Buch. Und das nicht nur in Los Angeles oder New York oder Amerika, sondern wahrscheinlich überall – es ist eine Korrumpierung. Wo viel Geld ist, ist Korruption, und aus irgendeinem Grund ist das ein Thema, das mich interessiert – ganz gleich, ob es sich um Korrumpierung in der Wall Street handelt, die man gleichsetzen kann mit Mord und Kapitalismus und Konsumfetischismus, oder ob es sich, wie in „Unter Null“, um die Korrumpierung der Jugend handelt…

Ich spreche nicht gerne über das Thema meiner Bücher – ich versuche ein Sujet sarkastisch umzusetzen, und darauf konzentriere ich mich bei meiner Arbeit.

Dann ist das Verhalten, das Sie beschreiben, also in allen Gesellschaftsschichten existent?

Ja, es ist menschlich, es ist existentiell, es ist universal, und man findet es nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Tieren. Bei Affen, bei Fischen, überall…

Je älter man wird, desto mehr glaubt man, daß die Welt verrückt ist Ich bin im März letzten Jahres 30 Jahre alt geworden, und ich war schockiert, als mir klar wurde, wie sehr die Welt von Sex beherrscht und getrieben wird, wie schrecklich wir sind. Mit 25 war mir das nicht bewußt, auch mit 29 nicht, aber letztes Jahr fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

Ich denke andauernd daran, daß die ganze Welt durch Sex in Gang gehalten wird. Sex ist der Grund, warum dieses Hotel gebaut wurde, Sex ist der Grund, warum die Menschen arbeiten. Diese Erkenntnis ist erschreckend. Und weil es so tief in uns verwurzelt ist, wird sich auch nie etwas daran ändern.

Veschiedene Figuren aus Ihren früheren Büchern tauchen in „Die Informanten“ erneut auf. Sind das ältere Geschichten, die Sie neu zusammengestellt haben?

Es ist ein neues Buch, mit Material aus der Zeit zwischen 1983 und 1993. Das ganze Buch ist in dieser Zeit, in diesen zehn Jahren, entstanden, aber ich hatte nie die Absicht, es zu veröffentlichen. Eigentlich war es viel länger und enthielt 30 Geschichten. Ich habe an einem anderen Buch, einem Roman, gearbeitet und hatte eine Schreibhemmung, und so bin ich immer wieder zu „Die Informanten“ zurückgekehrt, zu dem Buch, an dem ich einfach nur geübt habe.

Als ich daran arbeitete, fiel mir auf, daß 15 Geschichten in Los Angeles spielen. Ich habe sie aus dem dicken Stapel herausgenommen, sie umgeschrieben und die Reihenfolge geändert, um zu sehen, welche die beste war. So ist dieses Buch entstanden. Eigentlich war es fast ein Zufall, aber ich war heilfroh, daß „Die Informanten“ nach „American Psycho“ erschienen ist, denn das Buch, an dem ich gerade arbeite, ist ähnlich wie „American Psycho“. Außerdem wollte ich mal eine Sammlung von Kurzgeschichten veröffentlichen.

Obwohl Sie die Geschichten in „Die Informanten“ schon Vorjahren geschrieben haben, hat man das Gefühl, daß Ihnen damals durchaus schon bewußt war, daß die Welt Ihrer Protagonisten durch Sex in Gang gehalten wird.

Ich weiß nicht mal, ob es Sex ist Ist es Sex? Die Leute schlafen miteinander, aber sie könnten ebensogut mit Leichen schlafen, weil keiner von ihnen dabei wirklich etwas empfindet. Und wenn man beim Sex nichts empfindet, dann ist das wie Nekrophilie. Diesen Leuten ist es egal, mit wem sie Sex haben – mit Mädchen, mit Jungen. In „The Informers“ sind es Katzen, Meerschweinchen, alles mögliche.» Für mich ist das eine Metapher für Ziellosigkeit. Es hat nichts damit zu tun, wie ich über Sex denke oder was ich mag oder was mich sexuell erregt. Es ist eine Metapher, und die Leute können die Metapher nicht von meiner Person trennen und glauben, ich sei eine Art Zombie.

Seit “ Unter Null“ scheint Ziellosigkeit ein prominenter Charakterzug Ihrer Protagonisten zu sein. Man hat Sie daher als Schriftsteller einer bestimmten Generation der weißen Oberschicht bezeichnet.

Das Thema ist universal. Ich siedle es nur unter jungen Leuten an, weil ich selbst jung bin und diese Leute kenne. Wenn ich ein Buch lesen würde, das von 50jährigen handelt, könnte ich wahrscheinlich auf dasselbe Thema stoßen. Wahrscheinlich würde ich da ganz genau dieselben Dinge finden, über die ich schreiben will. Ich glaube nicht, daß sich daran grundlegend etwas ändert. Ich glaube, als Schriftsteller schreibt man immer wieder dasselbe Buch, nur mit anderen Figuren. Das Problem, die Thematik bleibt dieselbe, nur die Figuren ändern sich, die Handlung ändert sich.

Nein, ich verstehe nicht, wieso man sagt, daß ich der „Sprecher einer Generation“ sei. Die Leute, über die ich schreibe, sind reich, was man vom größten Teil dieser Generation nicht behaupten kann. Ich bin immer wieder überrascht, wenn es heißt: „Er ist der Sprecher einer Generation.“ Ich verstehe nicht, wie die Leute daraufkommen. Ich fühle mich nicht so.

In Ihren Büchern verhalten steh Erwachsene wie Jugendliche. Ich erinnere mich besonders an Clays Großvater in “ Unter Null“.

Dieses Etikett „Sprecher einer Generation“ wird mir angehängt, weil es in Amerika tatsächlich nicht mehr viele junge Schriftsteller gibt. Wenn also ein junger Schriftsteller ein Buch veröffentlicht, sagen die Leute automatisch: „Er spricht für die Jugend.“ Und dann kommen nach und nach noch andere Schriftsteller – allerdings nicht allzu viele.

Als Ihr erstes Buch erschien, hieß es sofort, sie gehören wie David Leavitt und Jay McVerney zum „bratpack“…

Eine solche Bewegung hat nie existiert. Das haben die Leute nur vermutet, weil wir alle jung und weiß waren. Aber das ist nichts weiter als eine Geschichte, eine erfundene Geschichte, und sie hat eine Pointe. Diese Leute denken sich das so: Man kann einen Schriftsteller einfach als Schriftsteller, als Individuum betrachten, aber es gibt eine bessere Geschichte ab, es ist „hipper“, wenn man behauptet, daß es eine ganze Gruppe von Schriftstellern gibt, die über dieselben Dinge schreiben. Wenn man ihnen einen Stempel aufdrückt. Es ist wie eine Bieroder Coca-Cola-Reklame. Und es tut keinem gut, weder dem Schriftsteller noch der Presse.

Haben Sie je überlegt, ab Journalist zu arbeiten?

Ich wäre kein guter Journalist. Ich weiß es, ich hab’s versucht.

Und doch ist Ihr Stil in gewisser Weise sehr journalistisch.

Ich hab’s versucht, aber ich kann das nicht Ich habe nicht genug Disziplin.

Aber als Schriftsteller brauchen Sie doch wahrscheinlich noch mehr Disziplin.

Ich glaube, als Journalist muß man sich an mehr Regeln halten, an sehr viel mehr Regeln. Ich wollte Musiker werden. Ich hab in Bands gespielt. Ich wollte in Rock’n’Roil-Bands spielen. Ich habe nicht darauf hingearbeitet, Schriftsteller zu sein. Das war ein Hobby, das ich nebenbei betrieben habe. Eigentlich wollte ich Musiker werden.

Am Anfang meines Studiums habe ich Schreibkurse belegt, mich aber nicht besonders hineingekniet. Der erste Kurs hieß „Creative Journalism“, und da ging es um eine persönliche Art zu schreiben, um einen neuen Journalismus, bei dem der Autor selbst in seiner Geschichte auftaucht. Diese Art von Journalismus liest sich fast wie eine Erzählung oder ein Roman. Ich denke da an die neuen Journalisten der späten 60er Jahre, zum Beispiel Tom Wolfe, Joan Didion, Hunter S. Thompson.

Als ich „Unter Null“ geschrieben habe, hat mich diese Art von Journalismus stark beeinflußt. Es war fast eine Reportage über Jugendliche. Mir gefiel der Stil, und mir gefiel die Idee. Aber ich könnte so etwas nicht als Artikel für eine Zeitschrift schreiben. Ich habe Geschichten für den ROLLINGSTONE geschrieben. Die haben gesagt: „Okay, wir brauchen 7000 Worte, und zwar in einem Monat.“ Und ich habe zwei Monate gebraucht, aber dann waren es mindestens 25 000 Worte…

Ich weiß nicht, wie es geht. Darum sage ich meistens nein, wenn ich gefragt werde, ob ich etwas für eine Zeitschrift schreiben will.

Würden Sie denn fürs Fernsehen schreiben?

Nein, nein… Und die Fernseh-Gesellschaften würden nicht wollen, daß ich für sie arbeite. Ich bin mal gebeten worden, das Drehbuch für eine Folge von „Beverly Hills 90210“ zu schreiben. Ich habe mich mit dem Erfinder der Serie getroffen. Wir haben zusammen zu Abend gegessen, und nach zehn Minuten war klar, daß unsere Vorstellungen sich nicht miteinander vereinbaren ließen. Seine Gefühle bewegten sich auf der Ebene von „Herr der Gezeiten“, und mir schwebte eine Phantasie-Geschichte vor, in der am Halloween-Abend alle von einem verrückten Killer umgebracht werden – eine Halloween-Episode, in der alle Hauptfiguren von irgendeinem Freddy oder Jason getötet werden. Er sagte: „Aber wir können Tori Spelling oder Jason oder Luke doch nicht umbringen lassen! Was soll das sein – ein Witz?“

Dabei hatte ich es ernst gemeint. Sie waren nicht begeistert, und so ist aus der Zusammenarbeit nichts geworden. Nein, ich will nicht fürs Fernsehen arbeiten.

„Unter Null“ wurde als „das Buch der MTV-Generation “ bezeichnet…

Ach, ja, dieses Gerede über das „MTV-Buch“, den „Video-Roman“. Ich weiß nicht… Ich hab einfach mitgespielt. Als „Unter Null“ in Amerika erschien, fanden alle, daß es wie eine Serie von Videos war, und viele Buch-Cover von Ausgaben aus anderen Ländern sind wie Video-Kunst gestaltet: ein Haufen Einzelbilder aus Videoclips.

Anscheinend finden alle, daß es ein Video-Buch ist. Ich finde das nicht, aber ich habe mitgespielt und gesagt: Ja, genau – stimmt.“ Der Leser hat recht. Wenn er das Buch so interpretieren will… Wie kann man zu einem Leser sagen: „Nein, das darfst Du nicht denken, wenn Du mein Buch gelesen hast?“ So etwas kann man nicht sagen.

Dieses Vorurteil über Sie rührt daher, daß viele ältere Leute glauben, das Bewußtsein unserer Generation, der 20- bis 40jährigen, sei rollkommen durch das Fernsehen geprägt.

Da ist auch etwas Wahres dran. Ich bin immer erstaunt, wenn die Generation X – wer immer das ist – sagt: „Hängt uns kein Etikett an, Leute. Wir sind nicht so. Wir sind ganz anders.“ Sie sind eben doch so. Die Weigerung, sich abstempeln zu lassen, ist nichts weiter als ein Ausdruck jugendlicher Rebellion.

Ich glaube, daß von dem, was ältere Leute über diese Generation schreiben, vieles stimmt: Wir sind eine Fernseh-Generation. Die Tatsache, daß ich Millionen Stunden vor dem Fernseher verbracht habe, hat sich eindeutig auf mich ausgewirkt. Sie hat meine Art zu denken, zu schreiben, zu lesen beeinflußt. Das ist unbestreitbar. Ich kann es nicht ändern.

Sie stehen in dem Ruf, ein Nachtschwärmer zu sein. Man sagt, daß Sie und ihre Kollegin Tanta Janowiti in den 80er Jahren zur wilden Club-Szene gehört haben.

Das ist vorbei. Irgendwann kommt man in ein Alter, wo man nicht mehr in Clubs gehen kann. Inzwischen treffe ich mich mit den Leuten zum Abendessen. Damals haben alle gesagt: „Du liebe Zeit – ein Schriftsteller, der in

Clubs geht… Schande über ihn!“ Wenn man 23 ist, gehen alle Leute, die man kennt, in Qubs, aber ich wollte das nicht für den Rest meines Lebens tun. Also hab ich damit aufgehört.

Die meisten Figuren in Ihren Büchern sind sehr jung, und manchmal habe ich das Gefühl, daß diese Leute davon besessen sind, etwas zu erreichen, ganz gleich, auf welchem Gebiet. Der erfolgreichste Dealer zum Beispiel ist 18, der erfolgreichste Zuhälter 19 Jahre alt. Ist das auch eine Metapher für die westliche Kultur?

Ja, ja, sie ist sowohl von Jugend als auch von Erfolg besessen. Weil Rockstars und Sportler und Schauspieler so jung sind, wird Erfolg in Amerika weitgehend gleichgesetzt mit Jugend. Und wenn man jung und erfolgreich ist, hat das meistens etwas mit Glück zu tun.

Ich weiß, daß es noch andere Schriftsteller gab, die an Büchern gearbeitet haben, als ich „Unter Null“ schrieb. Es war das richtige Timing. Mein Buch paßte in das allgemeine kulturelle Klima. Ich habe auch den richtigen Lehrer erwischt – meine Sachen haben ihm gefallen. Ich hätte ja auch an einen geraten können, dem sie nicht gefallen hätten. Dann hätte ich das Buch nicht zu Ende geschrieben. Wirklich – vielleicht wäre es nie erschienen, vielleicht hätte ich es gar nicht erst versucht, aber daran habe ich gar nicht gedacht.

Glück spielt eine erhebliche Rolle, auch bei Schauspielern, die durch die richtige Rolle zu Filmstars und Helden einer ganzen Kultur werden. Wie haben sie das geschafft? Keiner weiß es – es ist so was wie Schicksal, und diese Beliebigkeit macht mir angst. Es ist eine Metapher dafür, wie die Welt funktioniert – und die Erkenntnis, daß man sein Leben letztlich nicht allzu sehr in der Hand hat, ist schrecklich. Man glaubt, sein Leben in der Hand zu haben, aber letztlich sind es andere Kräfte, die uns in der Hand haben. Es ist menschlich, sich dagegen aufzulehnen und zu versuchen, sein Leben in die Hand zu nehmen, es in kleine Stücke zu zerlegen, es zu strukturieren.

Ich glaube, vieles davon ist in meine Arbeit eingeflossen, denn meine Bücher sind extrem strukturiert. Das merkt man deutlich. Es gibt keine Geschichte, keine Handlung, aber sie sind trotzdem sehr, sehr strukturiert.

Ja, das ist auffällig. Obwohl Ihre Absätze sehr kurz sind, gelingt es Ihnen, Regie zu führen. Sie sind ein guter Regisseur. Ich würde sagen, Ihre Bücher sind wie eine Reihe „schneller Schnitte“.

Ja, ich würde gerne mal Regie führen. Und danke fiir den Vergleich mit „schnellen Schnitten“ – das gefällt mir, ich meine, das mit dem Stil und der Filmtechnik…

Glauben Sie, daß die Leute, die Sie in Ihren Büchern beschreiben, ein Buch wie „American Psycho“ lesen würden?

Ja! Als ich in London war, habe ich im Bankenviertel Bücher signiert, und in der Schlange standen lauter Börsenmakler – Leute, die mit großen Geldsummen umgehen, und die sagten alle: „Mann, var für ein tolles Buch! Genau das richtige, wenn ich nach Hause komme und mich entspannen wilL“

O Gott! Und dann sollte ich ihnen noch eine Widmung reinschreiben. „Für meinen Boß: Du bist tot! Bret Ellis“ oder „Für meine Freundin: Ich krieg dich! Bret Ellis“. Ja, im Ernst, das war beängstigend.

Seltsamerweise scheinen die Yuppies Sie aber immer noch zu mögen.

Nein, tun sie nicht Sie mögen mich nicht. In Amerika hassen sie mich.

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