Les Pop Les Filles – Hamburg, Fabrik

Franko-Pop mit Francoiz Breut und Marianne Dissard.

„Ist jemand aus Frankreich hier?“, fragt Marianne Dissard das Publikum zu Beginn ihres Auftritts. Es meldet sich ein junger Mann, der in seinem blau-weiß gestreiften T-Shirt aussieht wie die Karikatur eines Franzosen—nur das Baguette fehlt. Da muss die Sängerin lachen, sie selbst lebt seit über 15 Jahren in Tucson, später wird sie einen Song amüsiert als „French Pop from Arizona“ ankündigen. Zusammen mit zwei bärtigen Männern an Schlagzeug und Gitarre spielt Madame Dissard eine angenehm rumpelnde Variante ihres mit Calexico entstandenen Debütalbums „L’entredeux“.

Die Songs klingen live natürlich deutlich weniger opulent, leben mehr von der Stimme und Präsenz der Sängerin, die Kleid und feminines Halstuch mit Cowboystiefeln kombiniert. Musikalisch erinnert das bisweilen an den späten Alex Chilton oder an rustikale Bands wie The Gibson Brothers. Selbst die Ansagen genießt man, weil sie so humorvoll und dezent derangiert daherkommen. Keine Frage, man wird noch mehr von Marianne Dissard hören und lesen.

La Breut ist für die deutschen Fans des französischsprachigen Pop fast schon ein Star. Deshalb drängt sich das – generationsübergreifende — Publikum nun eng an die Bühne. Wieder sind es nur ein Schlagzeuger und ein Gitarrist, die die Sängerin begleiten. Jeder Song wird eingeleitet mit einem knisternden Vinyl, das Francoiz Breut auf einem tragbaren Plattenspieler anspielt: Mal ist es Vogelgezwitscher, mal ein altes Tanzorchester, das sie durch dezentes Scratching sehr surreal klingen lässt.

Trotz der spartanischen Besetzung erzeugt das Trio eine enorm abwechslungsreiche Musik mit raffinierten Rhythmen und dem großartigen Duett-Gesang von Breut und ihrem Gitarristen Luc Rambo. Vor allem die Stücke des letzten Albums „A l’aveuglette“ erhalten so einen Hauch Geheimnis und Verfremdung. Während Dissard eher durch ihre Direktheit gefällt, begeistert an Breut-Songs wie „2013“ eine sanfte Entrücktheit und Experimentierfreude. In jedem Fall ist es faszinierend, wie die beiden Sängerinnen mit geringem Aufwand Songs so inszenieren, dass sie mehr sind als bloß aus Strophe und Refrain zusammengesetzte Lieder. Von dieser Magie und Ausstrahlung können viele deutsche „Songwriter“ lernen. Vive le pop!

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