Mercury Rev

Das Duo Tarwater aus Berlin schien als Vorprogramm zunächst etwas deplaziert. Zwei Plattenspieler, ein schwarzer Kasten mit Knöpfen, die beiden Akteure im Eigendünkel befangen. Gerätschaften-Schaffe ohne ein Jota Swing, also voll auf der Höhe der heutiger Rhythmus-Rezepte. Menschmaschine und so. Naiv.

Und durchaus passend, denn Mercury Rev aus dem US-Staat New York bereiteten ein so kindliches wie gemischtes Vergnügen. Kerzen in Biergläsern, Bühnenutensilien mit Silberfolie drapiert, im Hintergrund ab und an ein paar bunte, blinkende Sternchen am gepinselten Firmament und in den Gesichtern der Musiker ein seliges Lächeln, das sich bald auf einen Großteil des Publikums übertrug, ab die Band ihren Klanghimmel auftat und weiche, wummernde Synth-Wellen über die Anwesenden schwappen ließ. Darunter rockten und psychedeiisierten die Gitarren, das Schlagzeug schien nur aus Becken zu bestehen und ließ kein Crescendo aus, und der Gesang blieb allzeit eingebunden in das meist rauschende, selten raunende Melodram.

Einen frühen Höhepunkt markierte „Goddess On A Hiway“, danach verebbte allmählich meine Aufmerksamkeit. Wie dünne Alibis für die effekthaschende Soundentfaltung wirkten bisweilen diese „Deserter’s Songs“, die auf der Platte ein Eigenleben fuhren dürfen und sich dort bestens behaupten, freilich in vergleichsweise rustikalem Ambiente. Live sang keine Säge. Statt dessen lasergenerierte Pfeif-Modulationen mittels Handbewegungen über einem Zauberkasten. Abrakadabra. Staunen unten, Freude oben. Sänger Jonathan Donahue (einst bei den Fläming Lips) in Lederhosen nach Franzosenart, seine Stimme durchaus sympathisch, doch ohne Ausdruckskraft. Obwohl er einen prima Julian abgibt beim Covern von Lennons „Isolation“. Wohlklang statt Verzweiflung.

Und nach einer Marginalie von Galaxie 500 dann zum Abschluß noch der Zugriff auf Neil bungs Genozid-Drama „Cortez The Killer“, Sirup-gesüßt „He came dancing across the water“: Die Synth-Gischt schäumt mellotronig, die Gitarren bombastein, die Stimmen tremolieren romantisch – die lange vermißten Moody Blues sind wieder auferstanden. Und immer noch in search of the lost chord.

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