Miss Thompson: Vorsicht – die Awards kommen!

Vor den Grammys und Oscars verfällt die Stadt in noch mehr und noch größere Extreme als sonst. Gut so!

Die Woche ging so los: Limousinenstaus, vegane Säfte im Bio-Supermarkt „Wholefoods“ komplett ausverkauft, und im Soho-House taucht ein Typ auf, den kein Menschdort je erwartet hätte:  Mel Gibson. Echt, war da Mel Gibson in der Ecke hinten am Fenster? Ja, echt. Also ob ein ausgerissener Hund sich verlaufen hatte. Am nächsten Abend war Mel wieder da. Und dieses Mal mit einer merkwürdigen Gang. Ein paar hartgesottene, dickliche Trustfund-Babies (reiche Erbenkinder, die vom Trustfund ihrer Eltern leben)  bildeten Mels Clique, sie hatten ihn mitgenommen in diesen Raum, dieses Restaurant, in dem die Bäume durch die Decke wachsen und in dem eine Bar steht.

Mel schaute verwirrt, er wusste nicht, wo hier sein Platz sein sollte.

Warum war Mel hier? Wusste er, dass der Raum voll mit Produzenten war? Und sollten die Mel sehen?

Er trug einen schwarzen Kurzmantel und italienische Schuhe, er sah klein aus und ganz jung. Mel schaute raus, auf die dunkele Stadt, die ihn doch mal so geliebt hatte. Würde die Stadt ihm die Rassistenwitze und die Schläge für die Freundin verzeihen?

Mel war heute vor den Award-Menschen aufgetaucht, um zu begreifen, ob es so sein könnte. Nur Mel wollte mit niemandem sprechen, wirklich nicht.

„Mel altes Haus, wir haben nächste Woche Dinner in meinem Haus, du kennst mich nicht, aber du wirst in meinem Haus nächste Woche zum Dinner kommen.“

Mel nahm eine Hand aus der Tasche seines Wollmantels und sagte „What the fuck?“

Der Abend war nicht typisch für Los Angeles. Er startete gegen halb elf und hörte nicht auf, wie sonst um die Zeit. Es hatte mit Mel zu tun, durchaus. Jeder wollte noch ein bisschen gucken, ob noch was passieren würde mit Mel. Doch das war nicht alles. Die Masse an Menschen, die nicht, wie sonst, um  neun Uhr schlafen gehen wollen, bedeutet noch etwas anders: die Award Season geht los. Die Grammys hängen bereits in derLuft, die Woche danach gehört alleine der Oscarhysterie. Die Stadt gerät in einen ganz bestimmten Wahnsinn, in eine Art Auto-Aggression, fast. Sie erhöht den Druck auf sich selbst immer noch ein bisschen mehr. Was macht sie, wenn 90 Prozent aller Menschen, die sonst die Klatschmagazine füllen, bei ihr zu Besuch sind? Sie reagiert über. Leicht.

Mittags, ein ganz normaler Mittag im Restaurant „Ivy“ am Strand, nicht anders als ein Mittagessen im Borchardt.

Kellnerfrage, vor den Fragen nach Drinks oder dem Essen.

„Wollen Sie wissen, mit wem Justin Bieber hier gestern geknutscht hat?“

„Warum eigentlich nicht?“

„Seine Hose hing total tief…“ (Der Kellner zeigt die Höhe von Justin Biebers Hose. Falls die Höhe stimmt, muss Justin Biebers Steiß fast frei gelegen haben. Der Kellner meinte selbstverständlich die übliche HipHop-Tiefe.)

„Ah, es war Selena Gomez. Ich weiß nicht, wie meine Kinder das aufnehmen werden…“

Noch ein Hinweis auf die kommende, nicht mehr zu überbietende Aufmerksamkeits-Fahrt Richtung Grammys/Oscar… soundso.

Lindsay Lohan trug ein weißes, sehr enges Kleid, als sie gestern zum Gericht ging. Das Kleid  ist seit heute morgen ausverkauft. Nirgends mehr zu haben, in der ganzen Stadt nicht. Es kostet 575 Dollar undstammt von einer Frau namens Kimberly Ovitz. Nur mal angenommen, irgendjemand läuft in Lindsay Gerichtskleid bei einem Dinner auf, in Sekunden  wird er mit Lindsay in der Google-Bilder-Maschine landen und irgendwie sichtbarer sein, als mit jedem anderen, möglicherweise auch sehr hübschen Kleid. 

Vor ein paar Stunden dann Beginn der letzen Tage vor den Grammys. Black Eyed Peas treten auf ihrer eigenen Charity –Show auf. Niemand nimmt es so ganz genau wahr. Moment, ah, die spielten doch bei der „Superbowl“ in elektrischen Anzügen, oder? WILL I AM, der Sänger, soll gleich noch mal vorbeischauen und was erzählen, zu seinem Charity-Projekt, aber dann ist WILL I AM in einer überdimensionalen Limousine abgehauen. Und dann kommt ein Typ, den hier, ähnlich wie Mel Gibson, niemand erwartet hat. Jackson Brown, viel zu lange, graue Haare hängen in seinem Gesicht, Gitarre um den schlaksigen Körper. Ein merkwürdiger Moment einer Vergangenheit.

Zwei Blondinen in den späten Zwanzigern schauen sich an, als ob sie in diesem Moment einen Award gewonnen hätten, sie sind gerührt.

„Entschuldigung, Jackson Brown? Oh mein Gott.“

„Da muss ich an meine Eltern denken, das macht mich glücklich.“

Sie sprechen in einer „Acceptance Speech“-Sprache, die Sprache, aller, die sich für einen Preis bedanken. Wie gesagt, es geht erst los, mit den Awards…..

Alle Folgen von Miss Thompson finden Sie hier.

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