Mit dem Soundtrack zu „City of Angels“ zogen sie das große Los. Doch haben die Goo Goo Dolls nicht nur Glück, sondern auch Substanz?

Die Katastrophe kam in Form eines „writer’s block“, auch Schreibhemmung genannt. Die von jedem Autor gefürchtete Blockade jeglicher Fähigkeit, Selbstgeschriebenes als sinnvoll oder zumindest tauglich zu akzeptieren, erwischte Goo Goo Dolls-Sänger Johnny Rzeznik im ungünstigsten Moment: Die Single „Name“ dudelte im US-Radio rauf und runter, und das dazugehörige Album „A Boy Named Goo“ verkaufte sich prächtig. Die nächste Platte des Trios aus Buffalo/New York würde den finalen Durchbruch bringen. Fehlten nur ein paar neue Songs. Doch da ging nichts mehr. „Ich hatte plötzlich das Gefühl, gar nichts mehr richtig machen zu können“, sagt der 32jährige Rzeznik. „Viel zu viele Leute hatten angefangen, ihre Nasen in unsere Angelegenheiten zu stecken. Und jeder hatte natürlich eine andere Meinung dazu, wie es mit den Goo Goo Dolls weitergehen sollte- bis ich am Ende nicht mehr wußte, was ich eigentlich wollte.“

Ein knappes Jahr nach der Misere können Rzeznik und sein Partner Robby Takac wieder lachen. „Iris“, die Schmacht-Ballade aus dem Soundtrack zum Wim-V&nders-Retnake „City Of Angels“, bescherte den Goo Goo Dolls ihren größten Airplay-Erfblg im US-Radio. Und „Dizzy Up The Girl“, das unüberhörbar poliert klingende Album, behauptet prompt einen festen Platz in den oberen Rängen der amerikanischen Billboard-Charts. Und das bereits seit etlichen Monaten.

„Iris‘ bat uns gerettet“, sagt Rzeznik halb lachend, halb erst. „Nachdem unser Drummer ausgestiegen war und wir plötzlich die gar nicht so glamouröse Seite des Erfolges kennengelernt hatten, gaben Robby und ich unserer Band eigentlich kaum noch eine Chance. Und dann sollte ich mich wegen nebulöser Verträge auch noch hinsetzen und eben Song für diesen Film schreiben! Doch seltsamerweise lief s auf einmal reibungslos – wohl deshalb, weil ich mich selbst davon überzeugt hatte, daß es nur meine Meinung ist, die zählt.“ Der Knoten war geplatzt. In Mike Malinin, einem langjährigen Fan der Band, fand man auch gleich den passenden Drummer; die Aufnahmen zu „Dizzy Up The Girl“ konnten beginnen.

Inzwischen sind die Goo Goo Dolls längst wieder da, wo sie hingehören auf Tournee. Ich treffe die Band in South Bend, einem Provinznest in Indiana: leere Straßen, eine überdimensionale Shopping Mall und ein Rockclub namens „Heattland“. Nichts Ungewohntes für die Goo Goos, die ihre Ochsentouren durchs ganze Land seit Gruppen-Gründung anno ’86 mit stoischer Hartnäckigkeit durchziehen. Inzwischen aber sind die mittelgroßen Hallen, in denen die archetypischen „College-Rocker“ ihren poppigen Konsens-Punk präsentieren, komplett ausverkauft – und nicht mehr so deprimierend leer wie früher, als Rzeznik und Co. noch Underground waren und von Kritikern als „Möchtegern-Replacements“ verhöhnt wurden. 1993 kam es sinnigerweise gar zum Schulterschluß zwischen Johnny und Paul Westerberg, als der Kopf der Post-Punk-Combo mit den Goo Goos die Single „We Are The Normal aufnahm – die sich wenig später als klassische College-Radio-Hymne erweisen sollte. Eine Adelung, die inzwischen allerdings ehet lästig geworden ist: „Ich sehe eigentlich kaum musikalische Parallelen“, sagt Rzeznik. „Nimm nur unser neues Album: überall eingängige Refrains! Und sogar Streicher! Westerberg hätte garantiert Bläser eingebaut.“

Um den Kritikern Futter zum Fraß vorwerfen zu können, schrieb Rzeznik den Song „Hate This Place“, der „ganz bewußt nach Replacements“ klingen sollte, und setzte ihn ab Schlußlicht aufs neue Album. Ärgerlich nur, daß die Pseudo-Hommage eigentlich so gar nicht nach Westerberg klingt Rzeznik, sichtlich verwirrt: „Komisch, das sagen alle…“

Später, im „Heartland“ sind derartige Sophistereien Makulatur: Der Club erinnert eher an einen Saloon: Hier, im Herzen Amerikas, bevorzugen die Frauen hochtoupiertes Haar und grelles Make-up. Die Herren der Schöpfung hingegen sind so farblos, daß sie nicht weiter auffallen. Alle warten brav auf „Iris“; zum Rest wird wohlwollend weitergetanzt Auf der Bühne hatJohnny seinen Spaß, spielt mal Hinterhof-Rebell, mal Romantiker, ist offensichtlich am Ziel seiner Träume. Da paßt dann plötzlich alles. Die Kleinstadt feiert ihre Helden – und für drei Grammies sind die glücklichen Goo Goos auch nominiert.

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