Mit Sister Double Happiness gurgelte Gary Floyd den Blues – auf seinem zweiten Solo-Album singt er nun Country

Born in Texas. Gary Floyd ist es tatsächlich. „Meine Eltern hörten unablässig Country-Musik. Ich haßte es. Ich hörte lieber Jefferson Airplane und Johnny Winter.“ Was Wilderes gab es „zu seiner Zeit“ wohl kaum: Der 42jährige mußte sich noch einige Jahre den Staub von den Stiefeln klopfen, bis es ihn endlich, Anfang der Achtziger, nach San Francisco verschlug. Daheim in Texas hatte er den Weg zur Semi-Legende bereits hinter sich, als inbrünstiger Schreihals bei den Dicks. In San Francisco gründete er Sister Double Happiness. In sieben Jahren entstanden vier Alben, zuletzt ,Jtiorsey Water“.

Vor einem Jahr veröffentlichte der füllige Brillenträger sein erstes Solo-Album. „World Of Trouble“ wurde ein allseits gelobtes Glaubensbekenntnis zum Blues auf leisen Sohlen. „Bis dahin hatte ich geglaubt, daß ich mit SDH die Musik machen kann, die ich will.“ Dem war ofensichtlich nicht so. Denn noch bevor Floyd mit SDH auf Tournee ging, war das zweite Solo-Werk „Broken Angels“ schon so gut wie im Kasten. Wie zuvor sekundierten Gitarrist Danny Roman und Produzent Jonathan Burnside beim Songwriting, rückten mit 66er Stratocaster und 50er-Jahre-Verstärkern an. Einmal mehr überzeugt Gary Floyd mit einer Ur-Stimme, als wären Schmerz und Wehklagen seine Verbündeten.

„Du kannst nicht einfach so hinnehmen, daß Babys oder 30jährige an Aids krepieren.“ Das Bewußtsein für Aids, das sich schon in der rührenden Ballade „Waiting For Anyone“ manifestierte, ist nicht sein einziger Kummet „Meine Musik befaßt sich mit den Beziehungen von Lovern, die mir verloren gingen. Die sind zwar nicht an Aids gestorben, aber sie sind einfach gegangen – und das ist sehr, sehr traurig.“

So sehr er persönlich berührt und betroffen sein mag – die angebotene Sturheit macht Gary Floyd zur Tugend. „Als wir bei Warner unter Vertrag waren, haben mich viele Schwulen-Zeitungen interviewt Sie wollten mich zu einem Sprecher für die Gay-Community aufbauen. Aber ich finde Schwulsein einfach normal. Ich bin kein Sprecher für irgendwen. Und aus meiner Musik mache ich keinen kommerziellen Bockmist“

Von Willie Nelson coverte Floyd „Angel Flying Too Qose To The Ground“. Ein sicheres Terrain: „Nelson ist der Weihnachtsmann der Country-Musik. Den Typen gab’s eben immer schon. Der Mann hat viel mit meiner Kindheit zu tun.“ Avantgardisten wie Giant Sand zum Trotz – das Image der konservativen Country-Fans scheint unauflöslich: Reihenhaus-Besitzer, Rassist, Schwulenhasser. Bier-Fan Floyd: „Deswegen wird ja auch befürchtet, daß ich mir mit den Country-Nummern meinen Ruf ruiniere. Im Grunde ist Country nichts anderes als Folk-Musik. Irgendwann trafen Hillbilly und Folk aufeinander.“ Und Gott sprach: Es werde Country.

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