Mögliche Überdosis bei Chris Cornell: Was ist eigentlich Ativan?

Die Witwe des Musikers glaubt nicht an Suizid und will die toxikologische Untersuchung abwarten. Wahrscheinlich nahm Cornell vor seinem Tod Ativan. Wir klären über das Medikament auf.

Nach Angaben der Gerichtsmedizin hat sich Chris Cornell am vergangenen Mittwochabend (17. Mai) nach einem Konzert seiner Band Soundgarden in seinem Detroiter Hotelzimmer erhängt. Doch die Witwe des Grunge-Musikers zweifelte schon Stunden nach der traurigen Gewissheit daran, dass es sich um eine Selbsttötung handelte.

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Der 52-Jährige soll von einem Leibwächter zwei Pillen Ativan erhalten haben, wie Vicky Karayiannis über einen Anwalt mitteilen ließ. „Ohne die Untersuchungsergebnisse kann keiner wissen, was in Chris vor sich ging – oder ob irgendwelche Substanzen eine Rolle gespielt haben.“

Man möge keine Schlussfolgerungen anstellen, nach denen der Musiker sich „absichtlich und in vollem Bewusstsein“ umgebracht habe. Wie die Witwe im Statement aufführt, habe Cornell mit ihr nach dem Konzert in Detroit gesprochen und in benommenem Tonfall gesagt, dass er „einer oder zwei Extra-Pillen Ativan“ zu sich genommen habe.

Was aber ist Ativan?

Bei Ativan handelt es sich um ein Medikament gegen Angstzustände aus der Gruppe der Benzodiazepine. Es ist auch bekannt unter dem Namen Lorazepam. Über die Eindämmung von Angstzuständen hinaus, hat das Medikament auch eine Epilepsie vorbeugende, beruhigende und schlaffördernde sowie und muskelentspannende Wirkung. Oft wird es – neben dem Kampf gegen Epilepsie – kurzfristig verwendet, um schwere Schlafstörungen zu kurieren. Die Wirkung des Stoffs tritt bereits nach wenigen Minuten ein.

Ativan (Lorazepam)
Ativan (Lorazepam)

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Ativan hat schwere Nebenwirkungen, vor allem bei der zu kurzfristigen Absetzung kann es unter Umständen zu so genannten paradoxen Effekten kommen, die verstärkte Aggressionen auslösen. Neben Müdigkeit und Schwindelgefühlen können die zuvor bekämpften Ängste verstärkt zurück kommen. Cornells Witwe vermutet, dass die Überdosis des Medikaments möglicherweise Selbsttötungsgedanken ausgelöst hat.

Medizinisch kann zwar durch Studien keinen Zusammenhang zwischen Suizidvorstellungen und dem Gebrauch von Ativan nachgewiesen werden. Aber möglicherweise erlitt Cornell eine derart heftige Psychose, dass er dieses Schritt nur deshalb erwog. Klare Erkenntnisse zu der Medikamentenüberdosis-Hypothese gibt es zu dem derzeitigen Zeitpunkt allerdings noch nicht.

Was ging in Cornell vor?

Ben Weinman, Gitarrist und Sänger von The Dillinger Escape Plan, hat über seine letzten Eindrücke von Chris Cornell gesprochen.

The Dillinger Escaple Plan waren mit Soundgarden auf Tour und eröffneten für sie auch den Konzertabend in Detroit (17. Mai). Weinman: „Chris hat nicht wirklich mit anderen geredet. Die anderen aus der Band hingen immer schon vor dem Gig zusammen ab. Er kam eingeflogen und ging nach dem Auftritt zurück ins Hotel.“

Ben Weinman
„Schon bei der letzten Tour war Chris eher ruhig“, erzählt Weiman dem CLRVYNT. „Aber er sah immer großartig aus. Wie ein Einhorn. Wie hat er das nur angestellt? So wäre ich auch gerne. Chris hatte eine wunderschöne Familie, unendlich viele Ressourcen, und er sah wie ein perfektes Beispiel für Gesundheit aus. Welche Vitamine hat er nur genommen?“
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Am Ende sagt Weinman: „Dillinger Escape Plan sind jetzt fürs erste durch. Es ist uns egal, ob die Tour vorzeitig beendet wird, ob wir keine neuen Fans mehr kriegen. Das einzige, was mich beschäftigt: Nie wieder werden wir Soundgarden sehen können.“
Universal History Archive UIG via Getty Images
bm/rj
Jeff Hahne Getty Images
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