Monster als Freunde

In „True Blood“ spielt Joe Manganiello einen Werwolf. Wie fühlt man sich als Serienstar?

Sie haben viele Jahre in Los Angeles auf den Durchbruch als Schauspieler gewartet. Träumt man da nicht immer von der großen Rolle, dem echten Drama? Wie finden Sie es nun, mit Mitte 30 als Werwolf Alcide aus der TV-Serie „True Blood“ bekannt zu werden?

Es ist großartig. Sie müssen wissen, dass ich schon als Kind eine Obsession mit unserem düsteren Feiertag Halloween und alten Monster-Filmen hatte; Frankenstein, der Wolf Man, Bela Lugosi als Dracula. Ich habe immer davon geträumt, mich in ein Monster zu verwandeln, und bin als Dreijähriger sogar mal in einer Geisterbahn in einen Vampir-Sarg gesprungen.

Warum?

Ich hatte immer das Gefühl, dass die Monster nur missverstandene Kreaturen sind – so wie ich. Die Monster waren meine Freunde. Ich habe jeden Sonntag beim Gottesdienst zum Allmächtigen gebetet, dass er mich in einen Vampir oder Werwolf verwandeln möge – und ich war sehr enttäuscht von ihm, dass er mir den Wunsch nicht erfüllt hat.

Warum haben Fantasy-Formate jetzt Konjunktur? Es gibt ja nicht nur „True Blood“, sondern auch den neuen HBO-Hit „Game of Thrones“.

Ich glaube, die Fantasy-Storys sind die Mythologie des aufgeklärten Zeitalters. Die alten Römer und Griechen hatten doch diese Götter mit extrem menschlichen Zügen – der geile Zeus, die eifersüchtige Hera -, die Sex hatten und Krieg führten. In den Göttergeschichten reden die Menschen eigentlich über sich selbst und ihre Natur. Das gilt für die alten Sagen ebenso wie für „True Blood“. Viele unserer Szenen sind auch so sexuell aufgeladen, gewalttätig und direkt, dass man sie mit „echten Menschen“ vielleicht gar nicht drehen dürfte. Die Vampire sind in „True Blood“ eine unterdrückte Bevölkerungsgruppe. Das Fantasie-Milieu mildert die Gewalt, aber auch den kritischen Subtext ab.

Fast hat man den Eindruck, dass Fernsehserien in Hollywood zurzeit wichtiger sind als Filme.

Die Filmindustrie ist mittlerweile eine Risikovermeidungsindustrie. Ein Studio-Film ist mit all der Technik, den Spezialeffekten und dem Marketing so teuer geworden, dass sich immer wieder Geschäftsleute in den Prozess einschalten, die in Tabellen und Zahlen denken und keine Ahnung von der Story haben. Gleichzeitig haben Kabelsender wie HBO, Showtime oder AMC bewiesen, dass sie kreativen Anspruch und kommerziellen Erfolg vereinen können. Das Ganze hat vor über zehn Jahren mit den „Sopranos“ angefangen und ging weiter mit „Rome“, „Six Feet Under“, „The Wire“ oder „Breaking Bad“ – ohne diese medialen Meilensteine hätte unsere wilde, sexy Show, die auch noch als Gesellschaftskommentar funktioniert, keine Chance gehabt. Es verändert sich was in Hollywood: The weirdos are taking over. Tobias Moorstedt

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