Mysteriöser Begleiter

HAMBURG, MUSIKHALLE. Es ist ein Symbolträchtiger Abend an einem windigen Tag. In ein paar Stunden läuft Bushs Ultimatum ab, und Jackson Browne hatte bereits verlauten lassen, die USA würden derzeit von der Öl-Industrie regiert – eine These, die er schon auf Reagans Ägide angewandt hatte. Vor knapp zehn Jahren, so erinnert er sich gleich, war er schon einmal in der Hamburger Musikhalle.

Und auch diesmal herrscht zunächst andächtige Ruhe, als er „The Night Inside Me“ vom letzten Album anstimmt und das Schlagzeug zu laut scheppert, dann mit „Fountain Of Sorrow“ einen seiner großen Songs spielt und – linkisch wie immer – einige nachdenkliche Worte murmelt, während er versonnen auf dem Keyboard herumfingert. Klimper, wisper, klimper. Jackson ist ja unter Freunden, und beim kleinsten Einverständnis gibt es Beifall (wirklich: von links vorn). Aber auch „The Naked Ride Home“ und „My Stunning Mystery Companion“ sind bloß aktuelles Pflichtprogramm, „These Days“ aus Jugendtagen dagegen verfehlt die Wirkung nicht. Dann ist schon, o Mysterium Musikhalle, die Pause.

Anschließend taucht die sechsköpfige Band endlich in die guten alten Lieder ein. „In The Shape OfAHeart“ und das perkussive „Lives In The Balance“ funktionieren tadellos: „I wanna know who the men in the shadows are…“ Erste stehende Ovation (links vorn). So oft man „Late For The Sky“‚ hört, so bewegend bleibt es. Jackson singt es glasklar zum Piano, und ich kann mir auch kaum Ergreifenderes vorstellen als „Sleep’s Dark And Silent Gate“, bei dem man das Atmen hört. Wunschkonzert ist auch: das famose „The Pretender“, dann „Running On Empty“, „The Load-Out“ samt „Stay“ mit Publikumschor und, weil alle längst stehen und bleiben wollen, JDoctor My Eyes“. „Thank joh!“ ruft eine Frau dem verlegenen Jüngling von 54 Jahren zu.

Am nächsten Morgen ist Krieg.

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