Nach einem Flirt mit Tina Turner bringen Bassist Hellmut Hattler und Trompeter Joo Kraus als Tab Two wieder Jazz zum Tanzen

„Wir haben uns das angehört, und dann wurde uns etwas komisch, weil – also naja_“ Hellmut Hattler bleibt diplomatisch, wenn es darum geht, was Tina Turner und Produzent Trevor Hörn aus ihrem Song „Thief Of Hearts“ gemacht haben. Joo Kraus spricht als 14 Jahre Jüngerer im Duo eine direktere Sprache: „Also, beim ersten Anhören fand ich es echt scheiße. Wir haben das Stück richtig knallig angeboten, und es war halt sehr weichgespült. Dann hab ich mir Sachen aus den Achtzigern angehört, Abteilung Frankie Goes To Hollywood mit viel Hall, und so langsam bin ich daraufgekommen, was Trevor Hörn wollte.“ Der gute Trevor wollte ziemlich genau das, was zum Tanzen gebrachter Jazz à la Tab Two überwunden hat.

Sei’s drum, die Affäre brachte dem rappenden Trompeter Kraus und textenden Bassisten Hattler Aufmerksamkeit ein und jede Menge Lyrics für ihr fünftes Album „Belle Affaire“ (gemeint ist die zwischen trumpet and bass, also tabzugleich Anpielung auf Fab, nämlich Fab Four). Miss Turner war vom Vorgänger „No Flamtan Ahead“ so angetan, daß sie für ihre „Wildest Dreams“ den Titelsong covern wollte. „Ein Rap-Ding mit Trompete. Hätte überhaupt nicht zu ihr gepaßt. Für die Texte haben wir versucht, etwas Lebensweisheit zu simulieren. Immerhin ist die Dame 56.“ Das ist „dem Großen mit der Brille und dem Kleinen mit der Kappe“ erfreulich mißlungen, weil „Belle Affaire“ in Aufbruchstimmung versetzt: „gonna escape“, „new directions“, „we gotta make a move“. Trotz aller Tanzbarkeit werden diese Formeln der Unruhe Lügen gestraft, da diese Groovebastler nicht mit beats per minute beeindrucken, sondern mit Gelassenheit: „No draggin'“, „no pushin‘ – let it flow“. Das kommt der Sache näher, dieser sanft-melancholischen Intimität der wie bei Miles Davis gedämpften Trompete als Gegenpol zu Wummerbaß und Schlagzeugmaschine.

Stundenlanger Kap auf einem Akkord und Rhythmus als Selbstzweck war kein Programm für Hattler, den um 1986 sein zehnjährigen Sohn auf Gruppen wie Public Enemy brachte. Und durch Kraus, der ohnehin alles spielt Täglich fünf Stunden verbringen die zwei Tüftler – derzeit Jungle, TripHop und Bebop verquirlend – in ihrem Studio in Neu-Ulm. Provinz? „Sicher, dazu stehe ich“, so der 43jährige Hattler. Überhaupt hat er mit gewissen Beschränkungen gute Erfahrungen gemacht „Eine harte Erziehung verleitete mich zum Ausbruch. Als man mich zuletzt „Andy Nogger“ nannte, nach einem Kraan-Albumtitel, löste ich mich von der Band.“

Aber auch die Musik profitiert von Schranken. „Es können super Sachen entstehen, wenn du statt Sampler nur ein Diktiergerät hast. Den Dämpfer hat Joo nur benutzt, um meinen Sohn nicht zu wecken. Nur Trompete und Baß ist ja noch kein Konzept, das ist ein Handicap.“ Aus dem sich erstaunlich viel machen läßt, auch wenn ihnen Plattenfinnen gerne eine schwarze Sängerin verpaßt hätten. „Ein bescheidener Schlagzeuger hätte bei uns eine echte Sklavenrolle.“ So schlimm kann es nicht sein – bei einem Duo, das sogar Maschinen zum Grooven bringt.

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