Nach langen Jahren im Kunstbetrieb kehrt Joe Jackson mit seiner alten Band zurück in die Pubs

Das Ungeheuerliche geschah bereits im Herbst 2002: Die reformierte Joe Jackson Band spielte eine Pub-Tour! Joe Jackson, der seinem Theater-Publikum beim kruden Quasi-Live-Album „Big World“ einst nicht mal erlaubt hatte, während des Vortrags ein Taschentuch zu zücken, aufDu und Du mit dem Tresenvolk. Er coverte sogar Graham Parker! Der hatte Mitte der 1970er tatsächlich die Londoner Pub-R’n’B-Offensive fordert, derweil Jackson noch den Playboy-Club am Piano unterhielt. „Parker war definitiv ein Einfluss“, räumt der Thin White Thinker jetzt lächelnd ein. „Dieser Song hat mich immer berührt, seine Aufrichtigkeit, die Leidenschaft.“

Gemeint ist „You Can’t Be Too Strang“, der große Song über das große Pop-Thema, äh, Abtreibung, wurde 1979 veröffentlicht, auf dem Parker-Meisterstück „Squeezing Out Sparks“. Es war das Jahr, in dem Jackson ihn gleich mit zwei Alben („Look Sharp“ und“ „I’m The Man“) auf dem Weg an die New Wave-Spitze übersprinten konnte. Nur ein Jahr später, nach „Beat Crazy“, blieb ihm die Luft weg. An die letzte Show in Utrecht, 15. Dezember 1980, erinnert sich Jackson noch heute „sehr klar“.

„Diese Intensität! Wir spielten sechs Zugaben, alles, was wir nur irgendwie konnten. Danach war ich platt. Es fühlte sich wie das Ende einer Ära an zweieinhalb Jahre kamen mir wie eine Epoche vor.“

Zweieinhalb Dekaden später musste alles zusammenkommen, um die Ära der spitzen Schuhe vom „Look Sharp“-Cover wieder beginnen zu lassen. Nur die Farbe (schwarz) hat der End-Vierziger gewechselt, weiß sind heute nur noch die sich lichtenden Haar-Stoppel auf dem Charakterkopf.

Zunächst waren da diese sechs „wieder einfacheren Stücke“, die seine Überzeugung nährten, dass „wir ein gutes neues Album, nicht nur Nostalgie“ abliefern könnten. Da war auch die Aussicht auf das bevorstehende Silberjubiläum – „was für ein Schock! (lacht)“. Als auch noch Wackelkandidat Dave Houghton zusagte, der seither – anders als die anderen Bandmitglieder Graham Maby und Gary Sanford – komplett in Musik-Provinz gemacht hatte, gab es „schließlich einfach keinen Grund mehr, es nicht zu tun“.

Nämlich „Volume W in Angriff zu nehmen. Auf der Agenda des Quartett-Comebacks stehen wieder Beats so spitz wie die Schuhe, einige Löffel wohldosierte Lebensweisheit, aber auch die Teenagernöte des frühen 21. Jahrhunderts. So nimmt „Awkward Age“ die Pubertät nicht als lustigen Betriebsunfall, sondern als unvermeidliche Ouvertüre zum Erwachsenendasein.

Der kinderlose Jackson hasst „diese Idee eines Konflikts zwischen den Generationen“, die heute „mehr denn je künstlich erzeugt“ werde. Viele Kids, glaubt er, durchschauten die Marketing-Spiele der Entertainment-Industrie. „Aber die Konzerne erzeugen weiter die Illusion, Pop-Kultur drehe sich nur um sehr junge Leute.“

Wie weit er selbst damit bei den Kids kommen kann, darüber macht sich Jackson keinerlei Illusionen. „Es wird kein publizistisches Spotlight geben für dieses Album wie für ‚Look Sharp‘ damals.“

Für das Live-Comeback der Joe Jackson Band stellt der Meister auch Songs in Aussicht, die nach der ersten Ära des Quartetts entstanden. Nur auf „Night & Day“-Favoriten sollte man nicht wetten. „Die eignen sich nicht für diese Band.“ Besser als in den Pubs von Oxord und seiner alten Heimat Portsmouth kann’s ohnehin kaum werden. „Wir haben der Schwerkraft ein Schnippchen geschlagen. Es war wirklich erhebend.“ Und das an der Basis.

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