New York Stories – LAURIE ANDERSON übt sich in milder Avantgarde

HAMBURG, MUSIKHALLE

Laurie Anderson spielt in der ehrwürdigen Hamburger Musikhalle. Das Publikum ist etwas älter als bei den meisten anderen hier besprochenen Konzerte, und es riecht angenehm nach Parfüm. Einige Reihen sind leider leer. Die jungen Leute gehen wohl alle zu Björk, denkt man. Doch in Tagen, in denen man jede künstlerische Äußerung als Fußnote zum Terror in den USA liest, scheint Anderson, die ja immerhin den Beitrag zu New York in der Encyclopedia Britannica schreibt, eine gewichtige Stimme.

So beginnt das Konzert mit einer kammermusikalischen Suite, die vom erhabenen „Statue Of Liberty“ und einem der wohl schönsten Anderson-Songs überhaupt, „Pieces And Parts“, umrahmt wird.Just another spec on the horizon. Dass diese milde Avantgarde durchaus auch Biss hat, merkt man am vom fabelhaften Schlagwerker veredelten „Strange Angels“ und dem verstörenden „Poison“. Danach wieder Kontemplation und Kommentare zur Zeit: Der „Dark Angel“ entpuppt sich als Engel der Geschichte, es folgt das Original per Walter-Benjamin-Rezitation. Auch das immer noch phantastische „Oh Superman“ wird gespielt.

Andersons Musik, die ansonsten auch immer von der visuellen Komponente, von Bildern und Video-Installationen, lebte, wirkt fast nackt. Der Sound der Geige wird kaum verfremdet, und hinter der vorzüglichen Band hängt schlicht ein schwarzer Vorhang. Keine Projektionen und doch ist die Performance bilderreich: Als Anderson die Zuschauer bittet, selbst Bilder zu zeichnen, können sich die Gehilfen, die Papier und Bleistifte verteilen, vor ausgestreckten Händen zeichengewillter Konzertbesucher kaum retten. Nie war das Wort „bezaubernd“ angemessener als im Fall Laurie Anderson.

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