Nick Cave – Hamburg, Kampnagel

Donnerhall ohne Bart

So richtig weiß man nicht, was man erwarten soll von diesem Abend. Nick Cave ist nach Hamburg gereist, um aus seinem zweiten Roman „Der Tod des Bunny Monro“ vorzulesen – einem Buch, das man als misslungen bezeichnen muss. Zu grell überzeichnet die Charaktere, zu unglaubwürdig die Geschichte eines Handlungsreisenden und schmierigen Vorstadt-Gigolos. Cave hatte es ja nie mit dem Subtilen, stets waren seine Texte alttestamentarischer Donnerhall, doch was in Songform durch den Vortrag des Sängers aufgeht, läuft hier ins Leere. Auch wenn „Bunny Monro“ insgesamt strukturierter ist als sein noch als Junkie geschriebenes Prosa-Debüt „And The Ass Saw The Angel“.

Doch nun geschieht das Unerwartete: Aus dem Mund des Dichters gerät etwa jene Passage über den Vertreterbesuch bei einer frauenbewegten Vorstadt-Hausfrau mit Frida-Kahlo-Bild an der Wand, die Chauvie Monro die Grenzen aufzeigt, zur heiteren Groteske. Vielleicht hätte man den Roman direkt als Hörbuch aufnehmen sollen.

Ein solches ist bereits erschienen, auch in Deutschland, und so erklärt sich der Stargast des Abends: Sechs Jahre nach seiner Trennung von den Bad Seeds steht Blixa Bargeld wieder zusammen mit Cave auf einer Bühne. Der alte Freund liest die deutsche Hörbuch-Version und ist heute als Gast-Vorleser geladen. Außerdem hat Cave die in den letzten Jahren zu seinen Lieblings-Seeds mutierten Martin P. Casey und Warren Ellis mitgebracht – es gibt also Musik zu hören. Die Krawallphase des jungen Cave findet Ausdruck in einer ungestümen „Tupelo“-Version, aber auch „The Mercy Seat“, „The Ship Song“ und zahlreiche andere werden in wunderbaren Versionen gespielt.

Nicht zuletzt wird der Abend zu einer Sternstunde für den Conferencier Nick Cave. Songs zu schreiben sei ein blutiges Geschäft, frotzelt er, ein Roman dagegen die reinste Erholung. Und: Man könne sich Lieder wünschen – sofern sie auf der Setlist stünden, spiele man sie sogar. Dann eine weitere Publikumsfrage: „Where is the mustache?“ – „My wife sucked it off.“

Ja, der Schnurbart ist ab. Cave hat sich mit dem Haarausfall abgefunden, Bargeld ist rundlich geworden und ein bisschen feist. Aber wie sie zusammen den „Weeping Song“ singen, lässt einen immer noch alle Zeit vergessen.

Besser wurde es nicht mehr – auch wenn am Ausgang noch Hautcreme mit „Bunny Monro“-Logo verteilt wurde.

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