Oasis –

Punkte: 124

Dieses Album hat mein schickes Auto vor der Tür, die Juwelen meiner Frau, meinen Swimming-Pool und mein Haus in Spanien gekauft, meine verdammte Drogensucht finanziert (…), die Wirtschaft Englands für eine Zeit am Leben gehalten, viele Leute sehr, sehr fett gemacht, und es hat ‚She’s Electric‘ drauf“, sagt Noel Gallagher, Schöpfer dieses genialen Best-Ofs aus vierzig Jahren Rockgeschichte (Stichworte: „Talent borrows, genius steals“; Oscar Wilde). Und so ganz Unrecht hatte der notorische Dauerübertreiber damit nicht: zehn Wochen auf Nummer eins in England, Top drei in Deutschland und ein für damalige Verhältnisse sensationeller vierter Platz in den US-Charts. Bis heute hat das zweite Werk der Band aus Manchester über 18 Millionen Einheiten verkauft, in den USA Vierfach-Platin eingeheimst und muss sich in der Liste der bestverkauften Alben im UK nur noch die Backcovers von Queens „Greatest Hits“, und „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ anschauen.

Doch der kulturelle Einfluss dieses Konsensklassikers sollte noch gewaltiger als sein ökonomischer ausfallen. „Roll With It“ schenkte den Arbeitslosengeldempfängern im Pub eine ordentliche Portion Optimismus. „Wonderwall“ verlieh denen eine Stimme, die zu cool oder schüchtern schlimmere Vergehen. waren, den Angebeteten klarzumachen, weshalb sie angebetet werden. „Some Might Say“ ließ an ein sinnvolles Leben nach John Lennon glauben und holte die Väter zurück ins Kinderzimmer. „Don’t Look Back In Anger“ machte aus verfeindeten Hooligangs pazifistische Sportfreunde. „She’s Electric“ ließ unzählige Schulkumpels zu Bands werden, denn einen so bescheuerten Text wie diesen bekäme man ja wohl grade noch selbst hin. „Champagne Supernova“ schließlich war die Metapher für alles, was es im Leben noch zu erreichen galt: Frieden, Größe und natürlich Wahnsinn.

Letzterem verfielen Oasis nach diesem Album und der dazugehörigen Tour, die sie unter anderem nach Knebworth führte, wo sie vor über 250.000 Besuchern die zwei bislang größten Open-Air-Konzerte auf britischem Boden spielten. Über 2,6 Millionen Menschen bewarben sich um Tickets – bis heute ein Rekord. Danach musste man fast zwangsläufig den Verstand verlieren und ein kokainvernebeltes Mammut wie „Be Here Now“ (1997) von der Leine lassen „… Morning Glory?“ hingegen war, um im Bild zu bleiben, mehr als jedes Tier der Welt, es war mehrere Tiere, ein Wolpertinger. Ein Monster, in so vielerlei Hinsicht.

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