Ooops! They did it again!
Remake ist ein Schimpfwort. Es klingt schäbig, nach billiger Kopie oder Fälschung. Remakes gelten unter Puristen als Versündigung am Original und haben einen zweifelhafteren Ruf als sogar Sequels, die zwar nerven können, immerhin aber noch einer eigenen Idee folgen. Und als hätten sie ein schlechtes Gewissen, suchen Produzenten und Regisseure von Neuverfilmungen heute häufig nach einem beschwichtigenden Vokabular. Die übliche Floskel ist „inspired by“. Tim Burton nannte seine Version von „Planet der Affen“ gewunden „re-imagining“. Und bei „The Women“ (Start: 11.12.) wird trotz des identischen Titels im Vorspann erklärt, der Film basiere nur zum Teil auf George Cukors Satire von 1939.
Dabei gehören Remakes in Hollywood schon immer zum Geschäft. Seit 1903 entstanden zwei Dutzend Versionen von „Alice im Wunderland“. Eine weitere dreht derzeit Burton. Vor John Hustons legendärem Film noir „Die Spur des Falken“ (1941) wurde Dashiell Hammetts Buch bereits 1931 und 1936 verfilmt. „A Star Is Born“ (1976) mit Barbra Streisand ist das Remake eines Judy-Garland-Musicals von 1954, dessen Story wiederum William A. Wellman erstmals 1937 verfilmt hatte. Beispiele ließen sich durch alle Genres und Jahrzehnte aufzählen.
Zudem sind Remakes künstlerisch legitim. Wie bei Theaterstücken oder Opern entsteht ein Film aus vielen Teilen. Der Rohstoff dafür ist das Drehbuch, das dramaturgisch und optisch ausgelegt wird. Letztlich zählt nur, ob die neue gegen die alte Fassung bestehen kann oder ein zeitgemäßes Statement ist. Steven Soderberghs „Ocean’s Eleven“ etwa ist mit seiner visuellen Eleganz ein würdiger Nachfolger des Ganovenstreichs von 1960, der von der Aura von Frank Sinatra und seinem Rat Pack zehrt. Gus van Sants Reprise von Alfred Hitchocks „Psycho“ ist dagegen schlicht überflüssig. Und Diane Englishs „The Women“ muss man mit dem Original nicht mal vergleichen: Ihr hysterisches, klischeehaftes Update langweilt zwischen „Der Teufel trägt Prada“ und „Sex And The City“ mit Mode, Medien und Midlife-Crisis.
Das Misstrauen gegenüber Remakes ist allerdings vor allem in den letzten Jahren gewachsen. Hollywood hat ein grundsätzliches Imageproblem als seelenloser Apparat, der alles aufsaugt und zu Geld machen will, mit Superlativen planiert. So etwa durch Wolfgang Petersens teuren Effekte-Dampfer „Poseidon“. Das gleiche droht einem bei „Der Tag, an dem die Erde stillstand“ (Start: 11.12.) mit Keanu Reeves. Doch dahinter steckt eine kühle Kalkulation: Die Alien-Invasion von Robert Wise galt 1951 als Meilenstein des Sci-Fi-Genres, wirkt heute aber recht skurril. So wird mit einem Klassiker geworben, von dem viele schon gehört, den gerade die Jüngeren aber nie gesehen haben. Zielgruppe ist schließlich die Masse, nicht der Kinokenner.
So legt Hollywood auch bevorzugt Hits aus Skandinavien, Frankreich und Asien neu auf, die als Originale selten in Amerika anlaufen. Der spanische Zombiefilm „Rec“ von 2007 kommt nun als „Quarantäne“ (Start: 4.12.) wieder.
Mit jeder Reproduktion, gerade auch der eigenen Klassiker, vergewissert sich Hollywood zudem seiner kulturellen Triumphe und Macht. Zwar sind „Citizen Kane“, „Der Pate“ oder „2001: Odyssee im Weltraum“ noch heilig; satt dessen werden oft vergessene Kult- oder B-Movies wie „Death Race“ (Start: 27.12.) überarbeitet. Doch sind bis 2010 erst einmal die Remakes von „Westworld“, „Conan der Barbar“, „The Warriors“, „Die Todesfahrt der U-Bahn 123“, „Charade“, „Papillon“, „Freitag der 13.“, „Die Vögel“, „Farne“ und „Footloose“ durch, könnten größere Kaliber folgen.