Paul Weller – Fly On The Wall

Wellers nicht immer inspirierte B-Seiten der Solo-Jahre

Früher war es einfacher, als Paul Weller für die B-Seite zur Not den Jam-Bassisten Bruce Foxton aus der Kiste ließ oder, später, eine französische Piano-Übung von Partner Mick Talbot. Seit er alles selbst macht, ist es vorbei mit den Kuriositäten. Und wenn keine Butter da ist, dann gibt es eben Schwarzbrot-Weller, und Steve White rollt die Trommel dazu. Wellers erstes Solo-Boxset (39 Stücke auf drei CDs, 27 auf der Vinyl-Ausgabe) enthält nur die B-Seiten und ein paar Japan-Import-Raritäten, ehrliche Arbeiten des geliebten sturen Bockes, auch seine Irrtümer.

Aufschlussreich und teils rührend ist das Material von der Neunziger-Wende, als Weller nach zwei Jahren Kunstpause zurück zum Pop fand, zuerst mit dem hektischen „Here’s A New Thing“, wo er noch Jazz, Motown und rock’n’rollisches Drängen zusammenzuführen glaubte – zum Glück nicht, wie geplant, als Comeback-A-Seite. Die wurde der großartige Paisley-Soul „Into Tomorrow“, hier in einer hasenfußigeren Demoversion. Im Begleittext erinnert Weller sich, wie er immer bei Noch-Ehefrau Dee C. Lee am Küchentisch hockte und plötzlich wieder Lieder schrieb, den Fatalismus-Folk „Fly On The Wall“ oder das brillante „Ends Of The Eatth“, das vom Ende der Liebe erzählt.

Ab „Stanley Road“, also erwartungsgemäß, sind die meisten Stücke nur noch Weller nach Zahlen – klingen, als habe er nicht nachgedacht. Oberflüssig die instrumentalen Jams, nervensägend sogar die Trash-Remixe von Engineer Brendan Lynch – über einen davon schreibt Weller vielsagend: „Another jam which Brendan took away and applied his cut up technique to – one of the better ones, I think.“ Portishead dagegen machen mit Drum-Loop und Gitarrenschnalzen den Song „Wild Wood“ vom gleichnamigen Album tatsächlich noch schöner.

Am Ende interpretiert er Dylan, Hardin, Beatles, Neil Young und seine Soul-Vorbilder. Weller eignet sich fremde Songs ja nie an: Er schnappt sie und schimpft sie dreieinhalb Minuten lang aus. Spielen kann seine Band natürlich alles, was sie will, das muss nicht bewiesen werden.

Trotzdem haben sie für 2004 ein Cover-Album angekündigt. Das kann ja was werden.

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