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Ein französischer Roman +++¿

von Frédéric Beigebeder

Frédéric Beigbeder sagt nach seiner Verhaftung wegen Drogenkonsums, er habe nur Bret Easton Ellis‘ „Lunar Park“ eine Reverenz erweisen wollen, jener Szene, in der Jay McInerney in aller Öffentlichkeit Koks von der Motorhaube eines Porsches schnieft. Schön blöd, sich dabei abseits des geschützten Raums der Fiktion erwischen zu lassen. Ein aufreibender Glücksfall allerdings für den Schriftsteller, der in der U-Haft ausreichend Gelegenheit bekommt, über sein Leben nachzudenken. Mühsam rekonstruiert und erfindet er seine Kindheit, die Geschichte seiner Familie, das ambivalente Konkurrenzverhältnis zu seinem Bruder, der im Gegensatz zu ihm selbst eine gesicherte bürgerliche Existenz führt. Wer nach dem internationalen Bestseller „39,90“ (2001) nicht mehr viel von dem einstigen Enfant terrible der französischen Kulturszene erwartete, wird von „Ein französischer Roman“ positiv überrascht sein. Es ist ein leichtfüßiges, aufrichtiges und tiefsinniges Buch geworden, das ebenso vom persönlichen Scheitern erzählt wie vom Aufkommen einer neuen Bourgeoisie, die sich für die verlorene Zeit nicht mehr interessiert und die Fantasie an die Stelle der Erinnerung rückt. Am Ende entlarvt der berufsjugendliche Rebell, der sich dem alles auflösenden Individualismus unterworfen hat, den Spießer in sich selbst. Dass Beigbeder dabei immer wieder die wahren Beweggründe seines autobiografischen Schreibens auslotet, macht den Roman des 1965 geborenen Autors zu einer vielschichtigen und anregenden Lektüre. (piper, 19,95 Euro) alexander müller

The Beats – Die Geschichte der Beatliteratur +++¿

von Harvey Pekar und Paul Buhle (Hg.)

Der kürzlich verstorbene, mit seiner „American Splendor“-Serie als Szenarist berühmt gewordene Harvey Pekar legt hier einen Sachcomic vor, den man als Einführung in den Themenkreis nur empfehlen kann. Pekar ist gut informiert, und mit Unterstützung einiger Zeichner und noch ein paar weiterer Texter werden hier nicht hagiographisch, aber doch mit sichtlich viel Sympathie für die Protagonisten die Lebensgeschichten hinter den Büchern erzählt. Gut die Hälfte des Buches füllt das Dreigestirn Kerouac, Ginsberg, Burroughs. Mit Mut zur Lücke, griffig und kompakt skizziert Pekar ihre Vita und lässt auch die durchaus problematischen Seiten seiner Helden nicht unter den Tisch fallen. Dass er keine wirkliche Werk-exegese liefern kann, stört nicht so sehr, eher schon ein paar Redundanzen. Da er sich um eine integrale Darstellung gedrückt und „The Beats“ praktischerweise als Porträtgalerie angelegt hat, ist er gezwungen, wichtige Begebenheiten mehrmals zu erzählen. Die Lesung in der Six Gallery etwa, eine der Gründungsveranstaltungen der Beats, die Ginsberg sofort zum Star macht, wird zu so einer Art Refrain des Buches.

Fast noch interessanter ist die zweite Hälfte, in der sich Pekar und Kombattanten den weniger bekannten Beat-Kollaborateuren widmen. Ein paar Mal, wie bei Michael McClure und Philip Whalen, ist das zu oberflächlich. Aber wenn sich Pekar Raum nimmt, wie in dem Kapitel über den hierzulande wenig bekannten bzw. schon wieder halb vergessenen Prosa-Experimentalisten Kenneth Patchen, wo er das Curriculum kontrastiert mit sprechenden Werkzitaten, dann entstehen immer wieder plastische Lebensbilder. (Walde + graf, 22,95 Euro) Frank Schäfer

Das Boot – Original Hörspiel +++

erzählt von Herbert Grönemeyer

In Wolfgang Petersens Verfilmung von Lothar-Günther Buchheims Bestseller „Das Boot“ gab der Jungschauspieler Herbert Grönemeyer den Buchheimschen Erzähler, Kriegsberichterstatter Leutnant Werner. 30 Jahre später nimmt er die Rolle noch einmal an, spricht die rauen Seebärensätze über den U-Boot-Krieg nun mit der Stimme des größten deutschen Popstars, aber nicht gepresst wie die berühmten Song-Sentenzen („Schatten im Blick“, „Stuhl im Orbit“, „Telefon, Gas, Elektrik“), sondern in einer Mischung aus Empathie und an Sven Regener erinnernder, bierfilziger Gemütlichkeit. Dazu gibt es Original-Dialoge aus dem Film. (Eurovideo, 18,99 Euro) maik brüggemeyer

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