Quo vadis, Indie-Fan?

Ist demnächst eine ausgedehnte Städtereise über den ganzen Globus geplant? Doch wohin, wenn man die örtliche Szene nicht kennt? Der „Indie Travel Guide“ (Rockbuch, 19,90 Euro) kann helfen, die üblichen Touristenfallen zu umschiffen, Gleichgesinnte zu treffen und sich auf die Spuren seiner Lieblingsbands zu begeben. Denn zig hippe und auch ein paar weniger angesagte Gruppen stellen darin die urbanen Ansiedlungen vor, denen ihre Inspirationen entstammen, mit Tipps für alle Lebenslagen: die schönsten Plätze, Klamotten- und Plattenläden, Galerien und Museen, Restaurants, Clubs und Bars, illustriert durch private Schnappschüsse und selbstgezeichnete Karten oder Skizzen; nur wo man sein müdes Haupt nach all dem Sightseeing betten soll, erfährt man zumeist leider nicht.

Band 1 widmet sich „UK & Europa“, Band 2 führt im Titel etwas schwammig durch „Amerika & mehr“. Jenes „mehr“ umfasst Asien, Australien und Afrika, wobei diese Kontinente anscheinend – gesteht man der Auswahl der beiden fleißigen Herausgeber repräsentative Qualitäten zu – eher durch die Abwesenheit einer größeren Musikergemeinde glänzen. Dafür sind die anderen Schwerpunkte tatsächlich vielfältig und ausführlich, locken sie doch den vagabundierenden Anhänger des alternativen Rockgeschehens selbst bis in abgeschiedene Provinzen Englands, der USA und Kanadas. Dazu ist viel Wissenswertes und erfreulich Unsinniges zu erfahren. So ist es jederzeit ein Genuss, sich von Casey Wescott, Keyboarder der Fleet Foxes, durch Seattle geleiten zu lassen oder Norman Blakes Begeisterung für Glasgow Glauben zu schenken, wo der wahrscheinlich mit einem Pferdemagen ausgestattete Teenage Fanclub-Sänger das Haggis im „Cafe Gandolfi“ empfiehlt.

Wer seine persönlichen Heroen in einem Spektrum, das von Sonic Youth bis Architecture in Helsinki reicht, nicht vertreten sieht, dem sei schlichtweg eine andere Lesart empfohlen. Immerhin kann man diesen ungewöhnlichen Reiseführer auch zu Rate ziehen, wenn man wissen will, wie beispielsweise Tomte-Sänger Thees Uhlmann aus dem Wege zu gehen ist; der quatscht in seinem faden Berlin-Beitrag unentwegt über seine Freundin, die ihm offenbar bei der Kleiderwahl unter die Arme greifen muss. Trotz solch intimer Bekenntnisse und obzwar der „Indie Travel Guide“ teilweise so unübersichtlich ist wie die Musikszene selbst, stellt er einen unentbehrlichen Ratgeber für den reisefreudigen Rocker dar.

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