300 :: Start: 5. 4.

Wer die Geschichte nicht kennt, sollte damit auch nicht die Gegenwart deuten. Snyders Adaption des Comics „300“ von Frank Miller über die Schlacht des spartanischen Königs Leonidas und seiner Schar gegen eine persische Übermacht bei den Thermopylen muss bei Kritikern für allerlei politisches Gangstertum herhalten. Da werden die Kampfmaschinen Spartas zur Allegorie auf Hitlers Herrenmenschen oder der martialische Ton als Segen für den Irak-Krieg von Bush („Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“) verurteilt. Mensch, das ist 2500 Jahre her! Spartas Kriegerkaste lebte in einer Kultur des Stärkeren, war gnadenlos gegen sich und Unterlegene. 480 vor Christus begann Griechenlands Blüte, und wenn der Film jenes Ereignis als Geburtsstunde der Demokratie aus dem Geist des Krieges verklärt, ist es zwar grob verkürzt, aber nicht ganz falsch – und dies letztlich nur ein antikes Actionspektakel. Snyder ist Horrorregisseur, debütierte mit dem Zombieremake „Dawn Of The Dead“, deshalb lässt er effektvoll Krüppel, Mutationen und Exoten auftreten. Die Spartaner posieren mit ihren Waschbrettbäuchen wie die Chippendales, Xerxes thront als gepiercter Halbgott über dem Schlachtfeld. Wie in Robert Rodriguez‘ Verfilmung von Millers „Sin City“ hat auch Snyder am Computer faszinierende Bilder im Stil der Comic-Ästhetik generiert. Ständige Wiederholungen, sich endlos auftürmende Leichen und das monochrome Braun der digitalen Kulisse aber wirken schließlich doch arg ermüdend. Wo der Camp von Rodriguez noch Irrwitz entfesselte, hinterlässt das grimmige Pathos in Snyders kunstvollem Trash dumpfe Leere.

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