45 RPM von Wolfgang Doebeling

Wie eine transatlantische Ausgabe der Tindersticks gerieren sich GRANT LEE BUFFALO auf „Crashing At Corona“, doch haben sie die schwerblütigen Streicher, die sonoren Ourtar-lwangs und die ganze mondsüchtige Düsternis dieses denkwürdigen Tracks auf die Rückseite von „Homespun“ (Metronome) verbannt, wo nur eine Elite von Singles-Enthusiasten seines Zaubers teilhaftig wird. Dabei wäre „Corona“ auch auf ihrer neuen LP „Copperopotis“ einer der herausragenden Cuts gewesen. 4,0

Andersherum verhält es sich mit LAMBCHOP: „The Man Who Loved Beer“ (City Slang) gehört zu den Highlights ihres Longplayers „How I Quit Smoking“, während die beiden Non-LP-Cuts auf der B-Seite nur Curiosa für Komplettierungswütige sind. Besonders dürftig ist „Burly & Johnson“, ein Stück sehr schlecht gespielter Lounge-Jazz, kindisch und kirre: Katzenmusik. Für die A-Seite dennoch: 4,0

FREAKWATER nehmen sich mit „South Of Cincinnati“ (Thrill Jockey) eines Frühwerks von Dwight Yoakam an und ersetzen dessen leicht larmoyanten, pianoverzierten Hillbilly-Beat durch rostiges Old-Timey-Flair und eine spröde Downhome-Seligkeit, wie sie nur mit einer Bluegrass-Instrumentation glaubhaft gemacht werden kann. Einfach, aber exquisit. 4,0

Die Melodie-Statik ist gekonnt ausbalanciert und auch sonst ist „We’re Not Getting Through“ (Twang!) solides Sixties-Handwerk, wie man es von den GRIP WEEDS aus New Jersey nicht anders kennt Ihre Version von „I Can Hear The Grass Grow“ auf der Flipside fugt dem Original von The Move ein paar feine Riffe hinzu und erzielt so Kompaktheit und Druck, wo Roy Wood einst bewußt Lücken ließ. 3,5

Auch THE CYRES aus Schottland belehnen The Move, mehr aber noch The Monkees und am meisten die Stone Roses. „Pop Cop“ (Sugar) passiert exakt an der Schnittstelle zwischen „She Bangs The Drums“ und „Last Train To Clarksville“, ist auf psychedelische Art hochmelodisch und überdies erfrischend selbstironisch: „I met a pop policeman, he said, you’re stealing from the past‘-“ So bloody what. 3,5

Das Harmonie-Bedürfnis der SIMPLE ONES hält sich in Grenzen. Sie kommen aus Memphis, einer Stadt, die immer schon das unbotmäßige und verbotene, das unheilige und unheilbare in ihrer Musik geduldet und befördert hat Und simple ist dieses Trio mitnichten. „Forget You“ (Noise-O-Lution/EFA) kratzt eingängig und ist nahezu perfekt in seiner Unfertigkeit: ein hübsches Paradoxon. 3,0

CATATONIA scheinen die walisische Antwort auf viele Gebete zu sein, sicher aber auf das eine: Sex, Herz und Glamour auf einmal und sofort, bitteschön. Auf „Lost Cat“ (Blanco Y Negro)läßt Cerys ihre Stimme ein wenig Melanie-like flimmern, doch sind Song, Performance und Produktion (von Stephen Street) sonst untadelig, Single des Monats, mit Abstand. 4,5

Das Wax aus dem Hause Norton ist berüchtigt für seinen eklatanten Mangel an Finesse und für ein Maximum an Rhythm & Trash. Natürlich haben auch die FLAT DUO JETS aus North Carolina keinen blassen Schimmer, was ein Overdub ist oder wie man Multitrack schreibt, und so brechen sich die vier Tracks ihrer EP Jet Set“ (Norton) rüde und robust ihre Bahn, auf der „mental side“ in den Fußstapfen von Link Wray, auf der „gende side“ mit Folkabilly und einer Low-Fi-Ballade aus der Fifties-Krabbelkiste. Nichts für Freunde des freundlichen Tons. 3,0

Auf ihrer Debüt-EP „Try Me“ (Sport) dilertieren und albern die POP TARTS aus Berlin wie überdrehte Mo-Dettes im Übungskeller. Leider hat ihr brachialer Charme eine elend kurze Halbwertzeit, sieht man einmal von „Muso“ ab, einer wirklich netten Haßtirade wider das Unwesen des ernsthaften Musizierens. Die restlichen Rillen bergen spätpubertäre Reime, geschüttelt und ungerührt: „Ich hol‘ dir einen runter, dann wirst du wieder munter.“ Pah, alles leere Versprechungen. 2,0

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