A.J. Croce – Cage Of Muses

Vielleicht trägt er nicht so schwer am Vater wie andere Söhne dieser Zunft. Oder gerade doch? Adrian James war jedenfalls keine zwei Jahre jung, als Jim Croce in Louisiana mit einem Flugzeug vom Himmel fiel. Dabei war der Papa nach langem Anlauf mit Hits wie „Bad Bad Leroy Brown“ doch gerade erst durchgestartet. AJ. verliert nicht lange nach dem Verlust durch einen Gehirntumor sein Augenlicht, das er später zumindest partiell zurückerlangen kann. „I’ve been changing from the inside out“, singt AJ. Croce jetzt mit 37 Jahren zart-emphatisch am Schluss von „Cage Of Muses“ allein am Piano, leise umweht nur von Greg Leisz‘ lautmalender Pedal Steel. Das Erstaunlichste an dieser bisher sträflich unterbelichteten Karriere ist vermutlich tatsächlich, wie sich Croce, der Jüngere, auf acht Alben seit 1993 vom bluesinfizierten Ray-Charles-Schüler zum klassischen Singer/Songwriter entwickelt hat, der selbst klangvollste Vergleiche rechtfertigt, ohne je bloß epigonal zu wirken.

Überlassen wir also die Frage, wie viel McCartney und wie viel Lennon denn hier bitte wo drinstecke, den großen Hermeneutikern und gönnen uns das kleine Vergnügen dieses gerade mal gut halbstündigen Werks, das so beiläufig daher kommt wie ein Treppenhausflirt mit der netten Nachbarin — und doch so profund nachklingt, als habe man eben nicht nur übers Wetter geredet. Sondern auch über den gierigen Tanz ums goldene Kalb („Gold And Green“). Oder über „Coraline“ von nebenan, die sich immer auszieht und dann „la-la-la“ singt. Über das auch, woran man noch glauben kann („What Do You Believe“) und natürlich über auch diesen verlorenen Typen von gegenüber, der einfach nicht loslassen kann und dann nachts um zwei wieder ins Telefon stammelt: „I didn’t mean to call, I just accidentally dialed, that’s all…“ („Now And Then“) Ja, da waren viele Musen im Käfig mit A.J. Croce, und alle haben ihn an diesen zwei Live-im-Studio-Tagen geküsst.

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