A.R. & Machines – Die Grüne Reise :: Neuauflage von Achim Reicheis Album aus dem Jahr 1971
Man liest das als Spätgeborener mit ehrfürchtigen Staunen: Achim Reichet und seine Band The Rattles waren 1963 zusammen mit den Rolling Stones auf Tour und haben 1966 Johnny Hallyday bei seinem Über-Schlager „Lass die Leute doch reden“ begleitet. „Moscow“ von Reicheis nächster Band Wonderland war dann ganz große Ivan-Rebroff-Psychedelic. Aber, um es kurz zu machen: Achim Reichet galt eigentlich als gestandener Beat-Mucker. Bis 1971 „Die grüne Reise“ erschien, das erste Album von A.R. & Machines. „Eigentlich wollte ich nur etwas auf der Gitarre aufnehmen, als aus einem mir nicht ersichtlichen Grund die Maschine (eine Akai X-3300) plötzlich endlose Echokaskaden erzeugte“, wundert sich Reichel noch heute in den Liner Notes des lange Zeit nicht erhältlichen Kleinods.
„Die Grüne Reine“ ist natürlich astreine Drogenmusik. Es gab ja mal Zeiten, in denen Haschisch-Sorten nach Farben sortiert wurden — so könnte man immerhin den Albumtitel erklären. Was wir hier hören, ist eine Art Bindeglied zwischen Psychedelic- und Krautrock. Das Studio und vor allem die Echo-Effekte stehen absolut im Mittelpunkt.
Doch Reichel fehlt der an Stockhausen geschulte Ernst von Can, der Irrsinn von Faust und der große Konzeptkunst-Entwurf von Kraftwerk. Stattdessen verbindet „Die Grüne Reise“ eine spielerische Experimentiertreude mit Rudimenten des Blues-Rock. Obwohl das über elf Minuten lange „Wahrheit und Wahrscheinlichkeit“ schon ganz schön weit draußen ist. „Globus“ und „Schönes Babylon“, bei denen auch Rattles-Drummer Dicky Tarrach und ein Percussionist mitspielen, klingt dagegen fast nach orientalischer „Weltmusik“. Sehr eigenwillig und sehr hübsch. Das recht schwache „In The Same Boat“ ist dagegen etwas öder Blues-Rock mit ein paar crazy Halleffekten. „I’ll Be Your Singer — You’ll Be My Song“ erinnert mit leichten akustischen Gitarren und den Bongos fast an die Freak-Folk-Pioniere Comus.
Es ist völlig unverständlich, dass das von Reichel und Frank Dostal produzierte Album damals einhellig von den Medien verrissen wurde. „Eine Platte für ,Bravo‘-Teenies“ irrte „Sounds“ geradezu tragisch. Fünf Jahre nach Veröffentlichung wurde die „Grüne Reise“ aus den Lieferlisten gestrichen, um dann im Lauf der Jahre eine gloriose Karriere als Plattensammler-Schätzchen zu feiern.
Diese Wiederveröffentlichung enthält als Gimmick noch eine DVD. Die Studenten einer Fachhochschule für audiovisuelle Mediengestaltung haben Achim Reicheis Musik visualisiert – und zwar kongenial. Im Unterschied zu den digital blubbernden Chill-out-Videos der Neunziger sind diese Bilder erstaunlich unpeinlich und nah dran am Zeitgeist der frühen Siebziger.