Al Green :: I Can’t Stop

Es gibt diese hübsche, kleine Website: „Al Green Sucks“. Enttäuschte laden dort ihre Wut ab (nicht down) über die Neigung des mutmaßlich größten lebenden Soul-Sängers, das Singen in seinen Konzerten vornehmlich seinen dankbaren Schäfchen zu überlassen. Die 60 bis 80 Dollar geblecht haben, um dann doch nur frustriert die Minuten zu zählen, die der Meister tatsächlich seinem Job nachkommt (durchschnittlich etwa 15 von 75). Diese interessante Variante der Arbeitsverweigerung funktioniert natürlich nur bei den Golden Oldies von „Tired Of Being Alone“ bis „Let’s Stay Together“. Bleibt der Rapport mit dem Publikum aus, etwa beim Titelsong dieses Albums, bricht der Reverend aus Memphis die Stücke gern einfach mittendrin ab. Selbst an heiliger Stätte, selbst erlebt, neulich im Ryman Auditorium zu Nashville.

Es gibt hier also gleich zwei gute Nachrichten. 1. Al Green singt auf „I Can’t Stop“ mehr als nur die ersten zwei Zeilen der zwölf Songs. 2. Er singt (meist) das Richtige so gut wie eine kleine Ewigkeit nicht meht Es brauchte offenbar nur die Rückkehr an den Ort, wo vor fast 35 Jahren alles begann. In die Royal Studios von Produzent Willie Mitchell, der dort mit der bewährten Band um die Hodges-Brüder Teenie und Leroy mühelos jene Hi-Sound-Folie neu auflegt, die immer zu den großen Essentials des Soul gehören wird. Dieser Groove, der fließt und doch steht wie eine Eins.

Das nach wie vor gültige Schlüsselwort ist bereits das fünfte im ersten Song. „I Can’t Stop loving YOU“, singt AI Green. Man mag das eindimensional nennen, für ideenlos halten, in Wahrheit ist es die Kunst absoluter Hingabe. Dieses „You“ bestimmt alles, einmal bleibt es gleich als Titel stehen. AI denkt drüber nach, wartet darauf, würde es wieder wählen, scheut auch nicht davor zurück – das Register verdunkelt sich -, es ein Problem zu nennen. Bis zur Auflösung im Rollentausch. „If I were you, I’d write a lettcr.“ Hu-hu, la-la, swing it, baby.

Bleiben wir bei aller Erleichterung ehrlich. Nicht alle Songs taugen wohl längerfristig für ein Wiederhören. Aber das war früher in der großen Zeit oft auch kaum anders. Schließlich versucht AI Green mit „I Can’t Stop“ nichts weniger, als die Zeit zu besiegen. Das schafft selbst er nicht ganz. Aber mit „Not 7bnight“, mit „Million To One“, vor allem aber mit „Rainin‘ In My Heart“, einem selbst in der Ekstase majestätisch kontrollierten „Cry For Love“ ist er doch ziemlich nah dran. „Keep rainin*, keep rainin‘, keep rainin’…“ Keep singing, Al!

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