Allelujah! Don’t Bend. Ascend. :: Erhabene Endlos-Tracks des kanadischen Radikal-Kollektivs

Obwohl die letzte Veröffentlichung von Godspeed You! Black Emperor zehn Jahre zurückliegt, ist dieses Album buchstäblich aus dem Nichts aufgetaucht. Kein Marketing-Trommelwirbel, keine vorbereitenden Interviews – nur diese unfassbar feierliche Musik. „Mladic“, benannt nach dem bosnischen General, ist ein 20-minütiges Trance-Opus zwischen nordafrikanischem Sufi-Rausch und wagnerianischem Headbanger-Ritual. Arabische Melodie-Fragmente erheben sich wie tanzende Geister über die finsteren Klangwogen. Wer diesem hypnotischen, wütenden Stück mehr als zehn Minuten zuhört – in der richtigen, sehr lauten Lautstärke -, wird mit davongetragen. Am Ende ertönt der Lärm von auf Kochtöpfe einschlagenden Demonstranten während einer Demo in Montreal. Fast so, als ginge es um den Unterschied zwischen realer und symbolischer Politik.

Was den Überbau angeht, hat sich seit „Yanqui U.X.O.“ wenig geändert. Die Musik soll wieder für sich selbst sprechen – trotz der linksradikalen Haltung des kanadischen Kollektivs um Efrim Manuel Menuck. „Allelujah! Don’t Bend. Ascend.“ besteht aus zwei um die 20 Minuten langen Tracks und zwei kürzeren Stücken, die wie ein dunkel dröhnender Nachhall wirken. Gesang und Songstrukturen gibt es nicht. Nur ein gewaltiges An- und Abschwellen. „Their Helicopters Sing“, das zweite Großwerk des Albums, erinnert an die stark verfremdete Musik eines Gamelan-Orchesters: Ruhig, geduldig, mit gelegentlichen kleinen Ausbrüchen, die sich gegen Ende noch einmal gewaltig steigern.

Natürlich kann man das Prog Rock nennen und die Meinung vertreten, dies sei alles ein wenig zu dick aufgetragen und obendrein fehlten noch die Melodien. Doch Godspeed You! Black Emperor benutzen die archaische Wucht des Rock’n’Roll und die Freiheit der improvisierten Musik, um sich einer Gegenwart entgegenzustemmen, mit der die Musiker absolut nicht einverstanden sind. (Constellation/Cargo) Jürgen Ziemer

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