Allison Moorer – Getting Somewhere
Da haben sich zwei gefunden, auch privat, vor zwei Jahren, als sie gemeinsam tourten. Hier Steve Earle, das halbwegs geläuterte Nashville-Enfant Terrible – da Allison Moorer, die trotz „Pferdeflüsterer“-Einsatz hinter Robert Redford nie richtig ankam im großen Nashville-Biz und mit der rebellischer gestrickten älteren Schwester Shelby „Sissy“ Lynne eine traumatische Kindheit teilt, die es erst zu verdrängen und dann zu verarbeiten galt.
Sowas kann dauern. Erst jetzt, fast 20 Jahre später, auf ihrem sechsten Album, findet Moorer schließlich Worte für das Unaussprechliche. Und lässt – in dem folkig rumpelnden „How She Does It“ – ihre Mutter gerade noch gen Westen entkommen, während sie doch in Wirklichkeit durch die Kugel ihres Ehemannes sterben musste, bevor der sich dann selbst richtete. Realitätsflucht? Kaum. Eher die wilde Entschlossenheit, alte Dämonen im Hier und Jetzt endgültig auf die Hinterbank zu setzen.
Die Nachricht von „Getting Somewhere“ ist ohnehin, dass die Songschreiberin Moorer auch ohne ihren Gesamt-Ex Doyle Primm in der Lage ist, ein Album mit wertigem Material zu bestücken, zumal dem klassischen Nashville-Format (zehn Songs, gut 31 Minuten) gehuldigt wird. Earle? Bekommt einen Song von seiner Süßen (das verzichtbare „If It’s just For Today“), schrieb selbst gerade mal einen mit (das sonnige „Fairweather“), sorgt aber als Produzent wieder für jenen krachig-trockenen Sound, der „Getting Somewhere“ als eine Art „I Feel Alright“ light qualifiziert. Leicht und lieblich im besten Sinne, wenn Moorer in „You’ll Never Know“ die ferry across the mersey nimmt oder Sister Shelby mit „Where You Are“ eine Streicher-umflorte Rose schickt. Während „New Year’s Day“ schweren Herzens und mit schweren Riffs noch mal an den Mittagstisch der tragisch verbandelten Eltern zurückgekehrt.
So ist „Getting Somewhere“ ein Album geworden, das Puristen erfreuen wird. Aber die Allison Moorer, die auf Alben wie „Miss Fortune“ auch mal so schön over the top in Richtung California-Country-Pop geschielt hatte, fehlt mir irgendwie doch.