Allison Moorer – The Hardest Part

Schwester Shelby (Lynne) trat die Flucht nach vorn an, zermürbt von den Spielchen, die Nashville mit ihr gespielt hatte, die sie (allzu) lange aber auch mit sich spielen ließ. Nesthäkchen Allison (Moorer) spielt die Spielchen weiter mit. Mit einem entscheidenden Unterschied: Anders als Shelby kann sie auf ihrem zweiten Album immer noch, ja stärker als zuvor, die Spielregeln mitbestimmen. Was schon erstaunt angesichts einer Szene, die sich sonst an Britney-Spears-Doubles sowie Pop-Models als „Country“ verkauft hat. Und würde sie nie wieder einen Song schreiben, allein der Titeltrack, zudem prominent als Auftakt platziert, muss Moorer und dem Co-Autor (und Gatten!) Doyle Primm auf ewig Ruhm sichern.

Das Wesen großer Country-Kunst – die ganze, verdammte Komplexität des Lebens geradezu philosophisch zu verknappen – blüht hier auf, sanft umspielt von Banjo, Fiddle, Mandoline. „The hardest part of living is loving“, singt Moorer, ihr wissender Alt gebettet in Harry Stinsons Tenor-Harmonien. „Cause loving turns to leaving every time. And the hardest part of leaving is living.“ So einfach ist das. Und so schwer. „The Hardest Part“ das Album – ist reines Country, doch dabei nicht wirklich puristisch. Satte Stones-Riffs („Day You Said Goodbye“) und klingelnd-treibende Byrds-Licks („Think It Over“) setzt Moorer ebenso konsequent ein wie Streicher, die in „It’s Time I Tried“ und „Best That I Can Do“ mehr sind als das übliche Alibi. Wilco-Leihgabe Jay Bennett darf feine Keyboard-Akzente setzen, besonders subtil in „Send Down An Angel“, wo sein Mellotron (!) in schönsten Pedal Steel- und String-Farben schillert Und wann, bitteschön, durfte man auf einer Nashville-Platte zuletzt eine so schön-verlorene Ballade wie „No Next Time“ vernehmen? Duett-Partner hier übrigens ein gewisser Lonesome Bob. Unendlich lonesome war gewiss auch der Mann, der im finalen „hidden track“ (nach Titel 10 bei 4:25) in einer heißen August-Nacht seine Frau gleich mit ins Grab nahm. Unschwer ist das dunkle Lamento als späte Nachlese auf den Vater zu lesen, auf jene Familientragödie, die einst die Schwestern ihrer Eltern beraubte. Der Unterschied ist: Shelby würde wohl sagen, diesen Song hätte sie in Nashville niemals singen dürfen, nicht mal als heimlichen Nachspann. „Sissy“, so nennt sie ihre kleine Schwester, hat es einfach getan. Allison, her aim is true.

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