Alternativen von Michael Ruff

Giant Sand gelten als Alleinunternehmen von Howe Gelb. Dementsprechend erregten Joey Burns und Jon Convertino, Gelbs langjährige Begleiter, nur wenig Interesse, als sie eigene Projekte ankündigten. Doch schon das Instrumental-Album als

FRIENDS OF DEAN MARTINEZ

überraschend gut aus, so daß gleich ein zweiter Seitensprung draufgelegt wird: unter dem Namen Spoke bestritten Burns/Convertino bereits das Vorprogramm der letzten Giant Sand-Tour. Das vorliegende Debüt (Vinyl only) erschien auf dem bayrischen Hausmusik-Label (Postfach 1545, 86885 Landsberg) und zeigt sie von intimerer Seite. Stimmungsvolle Songs mit etwas Lagerfeuerromantik, ein wenig Folk-Eklektizismus, aber auch schöne Einlagen von Cello und Marimba: die spartanische Ausgabe von Camper Van Beethoven. 3,5

Es ist schon erstaunlich, was heutzutage so alles mit dem Country-Genre in Verbindung gebracht wird. Garth Brooks und sein Zirkus steht neben Größen wie Johnny Cash, so daß auch Experimentalisten wie Souled American oder Palace Music problemlos dazugezählt werden können. Zwischen letzteren ist das schlagzeuglose Trio U.S. SAUCER einzusortieren – immerhin covern sie Hank Williams („Ramblin‘ Man“) und Dolly Parton („I´ll Always Love You“). Daß die drei allerdings nur ein paar durchgeknallte Hippies aus San Francisco sind, kann „United State Saucer“ (Normal-Mailorder) nie verbergen: Sowas Irres wie „Devotional Sam“ hat man lange nicht gehört. 3,5

Auch früher schon war die Country-Welt nie so ganz heil: auf dem Sampler „GOD LESS AMERICA“ sind 15 Original-Songs aus grauer Vorzeit versammelt, die tränenreich von Morden, Drogenmißbrauch und strippenden Müttern erzählen – im authentischen Sound, versteht sich. 3,0

Beim Hören des Albums von MONOSHOCK fragt man sich unwillkürlich, in welch einer Welt diese Jungs wohl leben. Das wüste Geschrammel auf „Walk To The Fire“ (Naptime) kommt in unterster Lofi-Qualität aus den Boxen gekrächzt und erinnert musikalisch an die bösesten Momente von David Peel & The Lower East Side oder der MC 5. Großer Rock’n’Roll also. Über die Musiker ist nichts bekannt, was angesichts der Tatsache, daß sie ihre Alben im Übungsraum produzieren, nicht weiter verwundert. Ein Dokument, daß sich natürlich jeder Sternchen-Wertung entzieht.

Die New Yorker Hardcore-Legende GIRLS AGAINST BOYS erscheint zwar nach wie vor auf einem Indie-Label, doch klingt „House Of GVSB“ (Touch 8C Go/EFA) haargenau so, wie es von einem Major-Debüt zu erwarten gewesen wäre. An manchen Stellen („Crash 17“) erinnert das Album eher an die Psychedelic Furs als an ihre einstigen Vorbilder Fugazi. Auch was die Tempi angeht, regiert eher Mittelschnelles, wodurch der Sänger Scott McCloud sein neu entdecktes, fast lasziv zu nennendes Phlegma vollständig entfalten kann. 3,0

Was früher auf dem berühmten Seattle-Label SubPop erschien, fiel automatisch in die Grunge-Kiste. Dem sollte heute nicht mehr so sein: ERICS TRIP versetzen den Hörer erstmal in die Zeiten von Syd Barrett und den frühen, progressiven Pink Floyd, wo selbstvergessene Soundmalereien und zerbröselte Pop-Strukturen das Größte waren. Festnageln lassen sie sich aber nicht, wenn Bassistin Julie Doner das Mikro übernimmt, schaltet die Band schlagartig auf klassische Punk-Melodien um. So ist „Purple Blue“ (WEA) das perfekte Wechselbad in Sachen praktizierter Band-Demokratie. 3,0

Zum Schluß noch ein linderndes Trostpflästerchen für alle, die sich darüber geärgert haben, daß irgendwelche Absahner unter Abwesenheit des legendären Glenn Danzig den Namen MISFITS in den Schmutz zogen: Das Gesamtwerk der Hardcore-Pioniere aus den Jahren 1977 bis 1984 wurde soeben reüssiert, und zwar recht geschmackvoll verpackt in einer sargförmigen, samtgefütterten 4-CD-Box (erschienen bei Plan 9/Import). Wenn das nichts ist. 3,0

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