Angus And Julia Stone :: Live in Berlin

Die Geschwister Angus And Julia Stone schaffen es spielend, ihr Publikum mit ihrer ganz eigenen Form des Kuschelfolk zu verzücken. Kein Wunder: Das Duo liefert derzeit den Pärchensoundtrack No. 1.

Eigentlich sollte man in einem Konzertbericht ja nicht mit dem letzten Song eines Konzertes beginnen, aber in diesem Fall ist es gar nicht anders möglich: Der Rezensent muss zugeben, dass er schon lange nicht mehr erlebt hat, wie viele tausend Menschen völlig andächtig, schweigend, vielleicht ergriffen, auf jeden Fall aber gebannt einem Akustik-Song wie „Santa Monica Dream“ lauschen.

Angus And Julia Stone schaffen es in Berlin mühelos, ihr Publikum hinter sich zu bringen, sei es mit ihrem allseits mitgesummten Hit „Big Jet Plane“ oder mit einer Cover-Version des (nicht tot zu kriegenden) „Grease“-Klassikers „You Are The One That I Want“. Der Sound im Berliner Tempodrom, das mit seinem imposanten Zeltdach immer auch etwas Zirkusatmosphäre hinzugarniert, ist klar und pulsierend, lässt aber auch Raum zum Mitsingen. Frau Stone, etwas aparter als ihr Bruder und auf jeden Fall redseliger, animiert den Saal, in ihre „Ohhhs“ und „Ahhhs“ einzustimmen, als sie bemerkt, wie die ersten Zuschauer es ihr gleichtun. Immer wieder lacht sie hell auf, giggelt, hat sichtbar Spaß an ihren mal zärtlichen, mal sinnstiftenden Folk-Songs.

Da fällt gar nicht auf, dass mit dem Erfolg die Songwriter-Kunst zwar filigraner, aber auch etwas harmloser (und vor allem vorhersehbarer) geworden ist. Ihr neues selbstbetiteltes Album hat die Australier, deren Solo-Werke immer ein wenig enttäuschender waren als die gemeinsame Arbeit, endgültig auch bei jenen etabliert, die Musik lediglich im Radio hören und mit dem Begriff Singer-Songwriter nur deshalb etwas anfangen können, weil er inzwischen auch etwas windschief als Genre-Begriff verwendet wird. Als Produzentenpate war Rick Rubin dabei, der zuletzt ja auch Shootingstar Jake Bugg erfolgreich in die Shangri-La-Studios in Malibu lockte. Auf Band-T-Shirts, die im Vorraum verkauft werden, prangt ein alter, fröhlicher Mann mit Bart. Vielleicht war Großvater Rubin in diesem Fall wirklich so etwas wie ein Mentor, der budhistisch-zufrieden hinter den Reglern Platz nehmen konnte, um den beiden Musikern beim intimen Werkeln zuzuschauen.

Angus und Julia Stone machen jedenfalls süße, freundliche Musik – und zelebrieren auf der Bühne zu allererst Gemeinsamkeiten. Immer wieder kommunizieren sie ausgelassen, fast privat miteinander, als gäbe es da nicht ein großes Publikum, das ihnen an den Lippen hängt. Julia besingt nachdenklich vergangenes Liebesleid, nur um lachend zu betonen, dass sie längst darüber hinweg sei. Bruder Angus, eingehüllt in ein Sport-Shirt, mit Pudelmütze auf dem Kopf, murmelt eins, zwei Worte und zwirbelt dann versunken an seiner Gitarre herum.

Insgesamt sechs Musiker veredeln die eigentlich zurückhaltenden Balladen und zeigen an, worum es dieser Band geht. Dies ist das ganz große Kuschelfolk-Gesamtpaket! Für jeden ist etwas dabei. Sanfte Rockstampfer („A Heartbreak“), Stehblues („Grizzly Bear“) und eine Menge Herzigkeiten wie ein bisher noch nie vorgetragenes und leider etwas kitischig geratenes Cover des Sam-Smith-Songs „Stay With Me“ stehen wie selbstverständlich nebeneinander. Dazu gestattet sich das Duo, ein kleines Blatt mit den Lyrics neben dem Mikrofonständer zu platzieren. Sicher ist sicher.

Keine Frage, Angus And Julia Stone liefern momentan den Pärchensoundtrack Nummer eins. Im Rondell wird getanzt, geschmust und aufmerksam mitgewippt. Sensible Jungs schließen ihre Augen, Freundinnen umarmen einander – so viel Gemeinschaftlichkeit ist selten. Da verwundert es nicht, dass sich die Geschwister zum Abschied innig in die Arme fallen, mit der Gewissheit, ihren Fans einen Abend voller Liebe beschert zu haben. Manche seufzen, als das Licht wieder angeht.

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