Ani DiFranco – Not A Pretty Girl
Bis vor kurzem war Am DtFranco in Europa vollkommen unbekannt Doch mit ihrem Album „Dilate“ fand die kleine, dynamische Amerikanerin auch hierzulande Beachtung. Im Zuge der gehypten „neuen Songwriter-Frauen“ jedoch gestaltet sich die Musik – und vor allem ihre Attitüde – erfreulich anders. Ab eigenes Unternehmen und
unempfänglich für alle lockenden Angebote der Musikindustrie hat sich dieses selfmade g/r/ einen Namen gemacht Mit „Dilate“ ist ihr sogar der Sprung in die Charts gelungen.
Aus DiFrancos schier unerschöpflichem Repertoire wurden jetzt zwei ihrer früheren Alben wiederveröffentlicht (plus das für Fans und Sammler erfreuliche Angebot einer Bonus-CD mit jeweils sieben weiteren Tracks). Übrigens ein lohnenswertes Unterfangen, denn Ani DiFranco hat eine geballte Ladung an sensiblen, kraftvollen Songs fern aller Weinerlichkeit oder Schöngeist-Poesie zu bieten. Nicht, daß sie bloß über eine gute Stimme verfugt, das tun viele andere auch – aber die Art und Weise, wie sie ihre Lyrics betont, Worte ausspuckt, zurückhält, langzieht, ihren Gesang von einer süßlichen Trägheit bis zur Aggressivität ausdehnt, ohne jemals den energischen Ausdruck in Geschrei ausarten zu lassen, ist ungewöhnlich. Ihre Wut unterstreicht sie mit Zärtlichkeit, ihre persönlichsten Zeilen mit einem Lachen.Trotz der kämpferischen Haltung bleibt DiFranco in ihrer Musik immer zugänglich, versöhnlich, dem klassischen Songwriter-Metier verhaftet Das erste Album, schlicht ^iniDi-Fixum“ genannt, ist die musikalische Basis, mit der die damals gerade mal 19jährige überrascht Sie beschränkt sich nur auf die akustische Gitarre und setzt mehr Rhythmus als Melodie in die simple Liedstruktur. Feines Picking oder geschlagene Akkordfolgen – in jedem ihrer Songs scheinen Sprache, Stimme und Gitarre auch gleichzeitig die perkussiven Elemente zu übernehmen. Um so irritierender aber die Direktheit ihrer Texte. Sie fordern Respekt, setzen auf Autonomie und geben im gleichen Atemzug schonungslos Privates frei. Feministische Oberzeugungen, sexuelle Ambivalenz, subtile gesellschaftskritische Klarsicht und natürlich wundervolle Liebeslieder.
Bei Jiot A Pretty Girl“ von 1995 hingegen hat DiFranco die Songs mit Schlagzeug, Gitarre, Baß und mehreren Stimmenparts malerisch aufarrangiert, aber in keiner Wfeise überproduziert. Auch hier spielt das Fragmenthafte und Direkte, die Zufälligkeit und Intimität der Äußerungen eine nicht unbedeutende Rolle, etwa die gesprochene street poetry über die Schwangerschaft bei „Tiptoe“. Und der Charme, mit dem Ani DiFranco immer wieder ihre Position behauptet, ist umwerfend. Da kommt zur Entschlossenheit der Humor: „But I am an idealistic girl and I wouldn’t work for you, no matter what you paid/ 1 may not be able to change the whole fucking world, but I can be the million that you never made.“