Animal Collective

Strawberry Jam

Die Geschichte des Pop in vielen innovativen Momentaufnahmen

Vor kurzem kompilierte ein Mitglied dieses struppigen Musikerkollektivs einige Tracks von Solo-EPs zu einem wundervollen Album: „Person Pitch“ heißt Panda Bears erhabenes Werk, das klingt, als würden die Beach Boys zu Wes Andersons „The Life Aquatic“ aufspielen.

Nun hat Panda Bear zusammen mitAvey Tare, Deakinund Geologist das erste Album für die Franz Ferdinand-Heimat Domino Records gemacht. Ein Major-Debüt muss man ja fast sagen. Und „Strawberry Jam“ sieht auch auf den ersten Blick so aus. Die Track-Längen deuten – wie schon teilweise bei den letzten beiden Alben „Sung Tongs“ und „Feels“ – aufs Songformat, die länglichen Sounderkundungen „Safer“ und „Street Flash“, die bereits live aufgeführt wurden, haben es nicht auf das Album geschafft, und das erste Stück „Peacebone“ (zugleich die erste Single – mit der B-Seite „Safer“) gehört zum Eingängigsten, was die New Yorker Tüftler bisher veröffentlicht haben. Aber natürlich ist auch das kein Pop-Song im eigentlichen Sinne. Wie viele der besten Animal Collective-Stücke verläuft es nicht linear, scheint eher ein großes Tableau, auf dem das Ungleichzeitige gleichzeitig geschieht, kein zentraler Punkt auszumachen und jedes Detail gleichermaßen von Bedeutung (oder Nicht-Bedeutung) ist. Der so genannte Lead-Gesang tut eben das: Er führt einen auf diesem auditiven Bild herum.

Wie schon aut den vorherigen Alben hat man auch auf „Strawherry Jam“ stellenweise wieder das Gefühl, die gesamte Geschichte des Pop liege ausgebreitet vor einem. Es ist, als wenn man „Friendly“ von den Beach Boys, „Song Cyde“ und „Discover America“ von Van Dyke Parks, Robert Wyatts „End Of An Ear“ und “ Rock Bottom“, Cans „Future Days“ und David Bowies „Station To Station“ gleichzeitig abspielt – aber so viele Plattenspieler haben nicht mal die Flaming Lips.

Und doch hört man hier keine Kakophonie, alles scheint in schwebender Harmonie. Ab und zu wird diese auf „Strawberry Jam“ allerdings gestört. Die Folkeinflüsse von „Sung Songs“ scheinen nun ganz verschwunden, und Animal Collective versuchen sich stattdessen in „For Reverend Green“ und „Fireworks“ an einer Art extraterrestrischer Americana, wechseln für „Winter Wonder Land“ ins Indie-Rock-Idiom und probieren in „Cuckoo Cuckoo“ das brodelnde Gemisch weißer und schwarzer Pop-Spielarten von TV On The Radio aus.

Das klingt jetzt so, als müsse man in der tiefsten Referenzhölle schmoren, wenn man „Strawherry Jam“ auflegt. Doch dieses Album, auf dem alles räumlich angeordnet zu sein scheint statt in einer Abfolge von Momenten, scheint gar keine Zeit zu kennen. Man erfreut sich einfach an den Mustern, die man in dieser Form noch nie zuvor gehört hat.