Anna Ternheim – Leaving On A Mayday
Die Schwedin arrangiert ihre Gefühlskatastrophen sehr sicher Den Koffer neben sich, einen Affen mit Mütze an der Hand, die Sterne leuchten ihr nicht heim. Anna Ternheim sagt: Bye-bye Stockholm, hello New York! Der schonungslos bilanzierende Blick zurück von „No, I Don’t Remember“ oder „My Heart Still Beats For You“ nimmt den Abschied auf ihrem dritten Album schon vorweg. Denn die Grundlage für „Leaving On A Mayday“ wurde ja noch in Schweden gelegt, mit einem Produzenten, der Ternheims kleinen und größeren Gefühlskatastrophen um bedingungslose, latent besitzergreifende Liebe alle potenzielle Gefühligkeit austreibt und sie dabei manchmal fast noch tanzbar macht.
Im Verbund mit dem Schlagzeuger Fredrik Rundqvist hat Björn Yttling (Peter, Björn 6? John, Lykke Li, Primal Scream) hier vor allem ein sehr sicheres Händchen dafür, ein Streicher-Quartett als dominantes Stilmittel zum Schwingen zu bringen oder es rhythmisch hübsch zu brechen. Mit diesem Disco-Bass, der zum Auftakt „What Have I Done“ nach vorn pumpt. Mit dem Trommel-Muster von „Damaged Ones“. Oder dunkelverhallter Percussion in „Terrified“, wo Ternheim ahnungsvoll verkündet: „I’m ajoke, I’m afool, but the beast in me sleeps oh so peacefully…“ Die unvollendete Familiensaga „Let It Rain“ pulsiert nervös um ein stumpfes Keyboard-Motiv, bis zum bitteren Ende.
Kaum hat man das schöne Spiel durchschaut und beginnt sich zu fragen, ob einige dieser Songs wohl auch ohne Yttlings Arrangierkunst… da hat Ternheim auch schon ihre Akustik-Gitarre im Anschlag und erinnert mit nichts weiter als einem kleinen Chor an diesen „Summer Rain“, der sie fast ertränkte. Schließlich: New York! Wo sogar Steve Shelley (Sonic Youth) seine Drumsticks für das flirrend treibende „Losing You“ ausgepackt hat. Verlust als schulterzuckender Akt der Befreiung. Schlussendlich aber steckt Anna Ternheim wieder fest, im schwarzen Loch eines Sonntagnachmittags. Der wartet wohl überall, wenn der Koffer ausgepackt und der Affe gegangen ist.