B. B. King :: Deuces Wild

Der Blues, der Blues und nichts als der Blues? Zur aussterbenden Spezies, wie zuweilen prophezeit, scheint das Genre noch nicht zu gehören, wenngleich echte Erneuerung schleppend in Gang kommt, während es die altgedienten Kräfte langsam dahinrafft, zuletzt Luther Alison, Johnny Copeland und Jimmy Witherspoon.

B. B. King, auch immerhin schon 72, erfreut sich noch passabler Gesundheit, ist sonst aber längst jenseits von Gut und Böse, und so gesehen so etwas wie der Helmut Kohl des Blues. Der bzw. die Nachfolger sind bestellt, der Platz in der Geschichte ist längst gesichert – hier Hannelore, da Lucille.

Seinem „Blues Summit“ (1993) läßt der große Dicke nun ein weiteres Gipfeltreffen mit Blick über den Tellerrand hinaus folgen. Doch was heißt das schon: Van Morrison, Willie Nelson (mal wieder: „Nightlife“), Dr. John, Tracy Chapman, Bonnie Raitt, sie fügen sich natürlich bestens in den ewigen Kanon. Ferner gibt es Stimmen, die man nun überhaupt gar nicht mehr hören möchte (Mick Hucknall, Joe Cocker), einen Abstecher gen Nashville, der sich gut auf „Rhythm Country And Blues“ gemacht hätte („Confessin‘ The Blues“ mit einem gut aufgelegten Marty Stuart), einen kurzweiligen Seitensprung in die Fun-HipHop-Ecke („Keep It Coming“ mit Heavy D) und, ach ja: Die Stones sind auch dabei, „Playing The Cost To Be Boss“. Und so wird B. B. noch mal von allen geliebt, und man gönnt es ihm ja auch irgendwie. Aber wild ist daran natürlich überhaupt nichts.

Als Barrikadenstürmer dürfte auch Kelly Joe Phelps kaum in die Annalen eingehen. Die Glut, die hier auf „Roll Away The Stone“ glimmt, kommt eher von innen. Mit Country und Gospel aufgewachsen, später Jazz-Musiker, entdeckte dieser Mann aus dem Bundesstaat Washington den (Country-)Blues erst spät für sich, ließ ihn dann aber nicht mehr los.

Mit seinem zweiten Album emanzipiert sich Phelps ein Stück weiter vom eingeführten Kanon der Fred McDowell, Skip James und Blind Lemon Jefferson, auch wenn er den beiden letztgenannten noch mal respektvoll huldigt. Denn es sind vor allem seine eigenen Songs wie „Roll Away The Stone“ oder das über achtminütige „Hosanna“, die der Einheit aus erster (Sing-)Stimme und zweiter (Gitarren-)Stimme optimal zuarbeiten. Das hat nicht den Pop-Appeal eines Keb Mo (will ihn auch nicht haben), vielleicht nicht den Witz und Esprit eines Corey Jarris, vielleicht auch nicht die geerdete Verbindlichkeit eines Alvin „Youngblood“ Hart. Aber inmitten dieser jungen Garde des akustischen Blues kann Kelly Joe Phelps mit seinem tastenden, unpathetischen Stil zweifellos seinen Platz einnehmen.

Und so rollt er den Stein tatsächlich weiter. Ein Stück nur, aber immerhin. Denn das ist schwierig genug, wenn es wieder mal heißt: der Blues, der Blues. Und nichts als der Blues?

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