Beady Eye :: Different Gear, Still Speeding

Liam Gallaghers Triumph: vorhersehbar und doch überraschend!

Es ist schon Ironie: „The Roller“, die erste offiziell kommerzielle Single des Demokratie-Versuchs der Herren Liam Gallagher, Gem Archer, Andy Bell und Chris Sharrock, gibt sich wie eine typische Nummer des abtrünnigen Bruders Noel. Ein bisschen „Half The World Away“, ein bisschen mehr John Lennons „Instant Karma“. Natürlich: Auf „Different Gear, Still Speeding“ ist ganz vieles vorhersehbar. Einige Songs waren fürs Oasis-Repertoire gedacht und reichen zeitlich bis zu den „Heathen Chemistry“-Sessions (2001/2002) zurück. Da ertönt sie denn auch schon wieder, die große Stadion-Überballade zum Handyleuchten: „Champagne Supernova“ heißt diesmal „Kill For A Dream“. Da treffen wir auf „Bring It On Down“ vom Oasis-Debüt „Definitely Maybe“, nunmehr „Four Letter Word“ betitelt. „Songbird“ erscheint uns noch einmal als „For Anyone“, „Whatever“ als „The Morning Son“. Und da sind die vielen Beatles– und Stones-Gedenkminuten, die mit dem Track „Beatles And Stones“ noch manifestiert werden.

Aber die Lads können uns auch noch ziemlich überraschen – mehr, als man zuletzt für möglich hielt. Teilweise blühen sie ohne Diktator Noel sogar richtiggehend auf! Am Vorab-Download „Bring The Light“ mit dem hämmernden „Great Balls Of Fire“-Piano schieden sich zwar die Geister, doch hat die Band hier auf jeden Fall versucht, nicht wie Oasis zu klingen. Mehr noch als jene anderen vom Merseyufer finden wir die La’s wieder unter den Lebenden, Andy Bells „The Beat Goes On“ erinnert mehr an die frühen Hollies als an John Lennon (endlich mal Manchester, nicht Liverpool!).

„Standing On The Edge Of The Noise“ bullert, man ahnt es, wie ein gewaltiges Glam-Rock-Inferno – der Sound unter Produzent Steve Lillywhite zielt wieder genau zwischen die Augen. Und dann wäre da noch „Wigwam“, das absolute Herzstück des Albums. Mit „Sha-La-Lalalala“-Chören, Liams Falsetto-Gesang, psychedelischen Spielereien und einem Finale Grande bewegen sich Beady Eye nah an der Rockoper und schwingen sich zu ungeahnten Höhen auf. Respect, man! „No ‚clangers‘!“, wie Gitarrist Gem Archer in seiner eigenen Sprache zu sagen pflegt. Keine Blindgänger.

It’s only Rock’n’Roll, but … Das drittbeste Oasis-Album, mindestens. (Beady Eye/Indigo) Frank Lähnemann

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